Das Museum für Alle

Das Museum für Alle

Der heutige Diversity-Tag erinnert an das Zusammenleben in Vielfalt. Die Öffnung der Museen für alle Menschen ist kein neuer Gedanke. Schon 1979 veröffentlichte Hilmar Hoffman, der “geistige Vater” des Frankfurter Museumsufers das Buch “Kultur für Alle”.

Kultur für Alle

Den 2018 verstorbenen Sozialdemokraten Hoffmann beschäftigte Zeit seines Lebens u.a. das von ihm propagierte Konzept Kultur für alle. Damit ist die Teilhabe an, von und mit Kultur für alle Menschen und vor allem deren ästhetische Erziehung im Sinne Schillers gemeint. Hoffmann engagierte sich, alle Menschen gleichberechtigt und demokratisch an Kultur teilhaben lassen zu können. Doch was kann das bedeuten? Eine für alle zugängliche Kultur muss u.a. finanziell erschwinglich sein, – Stichwort Eintrittspreis – aber auch verständlich für möglichst viele Menschen.

In seinen Briefen zur ästhetischen Erziehung des Menschen begründete bereits Friedrich Schiller, dass es nicht genüge, den Menschen mit einem tabellarischen Verstand und mit mechanischen Fertigkeiten auszurüsten, sondern dass auch musische und ästhetische Bildung früh zu vermitteln sind.

Hilmar Hoffmann im Interview (Kultur für alle – quo vadis?, 2018)

Einfache Sprache

Das Museum für Kommunikation möchte ebenfalls möglichst vielen Menschen den Museumsgenuss ermöglichen. Dazu gehört neben günstigen Eintritts- und Führungsgebühren natürlich auch die Aufarbeitung der Inhalte des Hauses für alle. Auch für die, die gerade erst Deutsch lernen, oder für die, die Lese- oder Verständnisschwierigkeiten haben. Dazu entwickeln wir momentan im Team ein Führungsskript in vereinfachter/leichter Sprache.

Das könnte so aussehen:

Herzlich willkommen!
Sie befinden sich in einem Museum.
In einem Museum werden verschiedene Dinge gezeigt.
Wir sind im Museum für Kommunikation.
Kommunikation ist ein schwieriges Wort.

Kommunikation bedeutet:
Informationen werden ausgetauscht.
Das kann so funktionieren:
Jemand redet.
Jemand schreibt.
Jemand malt ein Bild.
Jemand lacht.
Das alles gibt eine Information weiter.

Wir kommunizieren in diesem Moment.
Ich rede mit Ihnen.
Also kommuniziere ich.
Ich bin der Absender einer Information.
Sie hören mir zu.
Sie sind die Empfänger einer Information.

Man kann unterschiedlich kommunizieren.
Fällt Ihnen etwas ein?

Das Museum zeigt die Geschichte der Kommunikation.
Wir schauen uns heute das Museum an.
Das dauert etwa 40 Minuten.
Wir werden viele Dinge sehen.
Sie alle haben etwas mit Kommunikation zu tun.
Kommunikation ist ein großes Thema.
Sie werden sich manchmal fragen:
Was hat das mit Kommunikation zu tun?
Das werden wir gemeinsam herausfinden.

So wie sich Gesellschaften verändern, verändert sich im Laufe der Zeit Sprache. Mit der Form der Sprache kann man Menschen in Gespräche einladen, aber auch ausschliessen.

 
Inklusion

Der Begriff der Inklusion war zu Hoffmanns Zeiten noch nicht so verbreitet wie heute. Wir verstehen natürlich viel mehr darunter, als nur die leichte oder einfache Sprache. Wir wollen möglichst viele Menschen in allen Bereichen inkludieren. Dafür gibt es für unterschiedliche Zielgruppen die verschiedensten Möglichkeiten. Eine davon ist eine leicht verständliche Kommunikation.

Hoffman und seine Mitstreiter*innen haben den Weg angefangen, den wir alle weitergehen sollten. Zwischenzeitlich hatte Frankfurt unter Hilmar Hoffmann den größten Kulturetat einer europäischen Kommune und setzte damit ganz bewusst auf die Förderung und den Ausbau vielfältiger kultureller Einrichtungen und Veranstaltungen – von der Stadtteilbibliothek über das Theater bis hin zum Museum. So entstanden in seiner Amtszeit (1970-1990) nicht nur 15 neue Museen in Frankfurt, sondern er gilt auch als wichtiger Initiator für das Museumsufer.

Diese Erfolge sind die Basis für unser heutiges Arbeiten und diese Basis gilt es ständig auszubauen und weiterzuentwickeln.

 
Kulturelle Teilhabe

Eine zentrale Aufgabe von Kulturinstitutionen liegt heute auch darin, das Bewusstsein für die eigene kulturelle Identität zu stärken und  Diskussionen darüber anzuregen. Die Angebote dazu für alle Besucher*innen ständig zu erweitern und zu optimieren ist eine der vielen spannenden Herausforderungen der Abteilung Bildung und Vermittlung. Dieser stellen wir uns mit Freude und Begeisterung – zufriedene Gesichter und der Erkenntnisgewinn der Teilnehmer*innen sind unser Lohn.

Na, neugierig geworden? – Dann kommt  vorbei! Seit dem 12. Mai haben wir wieder geöffnet. Momentan ist durch die Gesetzgebung nur der Einzelbesuch möglich. Auf die hoffentlich bald startenden weiteren Angebote freuen wir uns sehr. Wenn Du Dich fragst: Wie barrierearm ist ein Besuch für mich? Seit dieser Woche kann man die Informationen zur Barrierefreiheit bei Reisen für Alle nachschlagen. Wir bauen die Angebote weiter aus, wie den Rundgang in einfacher Sprache, an dem wir gerade arbeiten.

Denn Sprache ist ein elementarer Teil der Kommunikation mit den Gruppen. Verschiedene Sprachen, unterschiedliche Bedeutungssysteme wie Piktogramme oder auch das Experimentieren mit Schrift und Sprache können, dürfen und sollen bei uns Thema sein.

Text: Fabian Lenczewski, 26. Mai 2020

#Museenentdecken – Audiowalk durch das Sammlungsdepot Heusenstamm

#Museenentdecken – Audiowalk durch das Sammlungsdepot Heusenstamm

Jedes Jahr zum Internationale Museumstag öffnet das Sammlungsdepot Heusenstamm der Museumsstiftung Post & Telekommunikation seine Türen für die Öffentlichkeit:  Kleine und große Besucher*innen können bei Führungen auf Entdeckungsreise durch die spannende Geschichte der Kommunikation gehen und einen Blick hinter die Kulissen werfen. Doch dieses Jahr fällt der Tag der Offenen Tür, bei dem sonst etwa 700-800 Besucher*innen den Weg ins Sammlungsdepot finden, aufgrund der Corona-Präventionsmassnehmen aus. Dem Motto #Museenentdecken des Deutschen Museumsbundes folgend, nehmen wir Euch deshalb digital mit  auf einen Spaziergang durch unsere Sammlungen.

Ein Audiowalk mit Frank Gnegel

Den 30-minütigen Audiowalk unternimmt Frank Gnegel (Sammlungsleiter des Depots Heusenstamm) mit mir Tine Nowak – der Autorin des Artikels. In den 30 Minuten führt uns der Weg zu ausgewählten Stationen der Sammlung, die Auswahl ist denkbargroß: 375.000 Objekte aus der Post- und Telekommunikationsgeschichte wie Postkutschen, Gemälde, Telefone, Radios und Fernsehgeräte, Postspielzeug und viele andere Objekte aus der Geschichte der Nachrichtentechnik werden in den Sammlungshallen- und räumen auf 15.000 qm aufbewahrt.

00:00:43 – Das Depot der Museumsstiftung Post und Telekommunikation in Heusenstamm
00:02:30 – Audiowalk zum Internationalen Museumstag 2020
00:05:16 – Große Fahrzeughalle und Elektrofahrzeuge
00:10:20 – Postkutschen
00:13:05 – Funk- und Fernsehfahrzeuge
00:14:26 – Fernmeldenotdienst
00:16:04 – Weg in die unteren Magazine
00:18:02 – Bildtelefonie
00:19:56 – Die Kunstsammlung
00:24:58 – Verschlüsselungstechnik
00:26:10 – Telegrafie

 

Internationaler Museumstag

Zum Tag der offenen Tür im Sammlungsdepot öffnen die Sammlungsmitarbeiter*innen nicht nur die Tore für Gäste, es gibt auch zusätzlich Programm für Kinder und Erwachsene von einer Sammlungs-Ralley über das Internationale Treffen der Sammler*innen historischer Postfahrzeuge, bei dem es auf dem Außengelände immer zahlreiche liebevoll restaurierte Postfahrzeuge – vom Postmoped bis zum fahrbaren Postamt – zu bestaunen gibt. Der historische Postbus von 1963 lädt an diesem Tag ebenfalls zur Rundfahrt durch Heusenstamm einladen. Im Depot werden mehrmals am Tag Führungen – auch zu den unterirdischen Magazinräumen angeboten, in die man sonst als Besucher*in keinen Zutritt bekommt. Wann es wieder möglich sein wird, an den monatlichen Depotführungen teilzunehmen, erfährt man am besten über die Sammlungsseite oder den Newsletter des Museums für Kommunikation Frankfurt. Auch wenn das Museum im Frankfurt seit 12. Mai wieder mit Auflagen geöffnet ist, ein Event wie den ICOM-Tag ist derzeit noch nicht zu realisieren, daher gibt es diesen Audiowalk als virtuelle Tour.

 

Große Fahrzeughalle und Elektrofahrzeuge

Schon 1899 experimentierte die Reichspost mit Elektrofahrzeugen. Der Benzinmotor war noch nicht sehr weit entwickelt, und im Stadtbetrieb mit häufigen Stopps war der Elektromotor im Vorteil, da er im Stand keine Energie verbrauchte. Als in den 1920er Jahren die Paketzustellung von pferdebespannten Paketwagen auf Kraftfahrzeuge umgestellt wurde, setzte man hierfür oft Lastwagen mit Elektroantrieb ein, darunter ist bspw. auch der “Elektrischer Paketzustellwagen Bergmann BEL 2500 (Suppentriesel)” von 1920.

 

Postkutschen

Die Museumsstiftung verfügt über einen einmaligen Bestand von 48 Postkutschen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, darunter Personenpostwagen, Güterpostwagen, Karriolpostwagen, Paketzustellwagen, Landbriefträgerwagen und Postschlitten.

 

Funk- und Fernsehfahrzeuge

In der Sammlung der Museumsstiftung gibt es knapp zehn solcher „Studios auf Rädern“, die Mehrzahl von ihnen stammt von der „blauen Post“ der ehemaligen DDR. Der älteste Ü-Wagen darunter ist ein Phänomen Granit von 1954, der jüngste der „Ü 23“ des Rundfunks Berlin-Brandenburg aus dem Jahr 1994.

 

Fernmeldenotdienst

In der Sammlung gibt es 20 Fahrzeuge der „grauen Post“ aus den 1950er bis 1980er Jahren. Aus dem Fernmeldenotdienst stammen mobile Stromerzeuger oder Verstärkerwagen. Fahrbare Richtfunk-Masten und Vermittlungsstellen sollten im Kriegs- und Katastrophenfall die Infrastruktur aufrecht erhalten.

 

Kunstsammlung

Die Kunstsammlung der MSPT geht auf das Reichspostmuseum zurück, das die postgeschichtliche Sammlung durch Gemälde, Grafiken und andere bildliche Darstellungen ergänzte. Heute umfasst die Kunstsammlung 300 Gemälde vom 17. Jahrhundert bis zu aktuellen Positionen der Gegenwartskunst sowie 50 Skulpturen, Objekte und Multiples. Hierzu gehört auch das Nachtstück “Erste elektrische Straßenbeleuchtung in Berlin am Potsdamer Platz” von Carl Saltzmann und die Telefonschafe der Installation “TribuT von jean-Luc Cornec.

 

Verschlüsselungstechnik

Mit insgesamt rund 350 Geräten zur Verschlüssung handelt es sich um eine der weltweit größten Sammlungen. Darunter befindeng befinden sich neben mehreren Drei-Walzen-Enigmas und einer Vier-Walzen-Enigma auch eine Fernschreibschlüsselmaschine T 52 b („Sturgeon“). Mehr dazu gibt es auch in der Onlineausstellung bei Google Arts & Culture.

 

Telegrafie

Zwischen 1833 und 1844 entwickelte Samuel Morse den relativ einfach aufgebauten Morse-Telegrafen. Die Buchstaben wurden in einem Code aus Punkten und Strichen übermittelt, der beim Empfänger auf einem Papierstreifen aufgezeichnet wurde. Rund 250 Schreibtelegrafen zeigen die weitere Entwicklung von den Stift- oder Reliefschreibern über die verschiedenen Generationen von Farbschreibern bis hin zu den letzten Modellen der 1930er Jahre.

 

Bis hoffentlich bald!

Bis zum nächsten Jahr – hoffentlich können wir in 2021  gemeinsam den Internationalen Museumstag im Sammlungsdepot feiern!

 

Bild- und Videocredits:

MSPT u.a. Bert Bostelman, Joel Fischer, Sven Moschitz, Museumsreporterinnenteam 2019

Introtheme: CC-By Elk by Meydän

 

Tine Nowak, 17. Mai 2020

Vom Ordnen und Sammeln – Der ICOM-Tag im Sammlungsdepot in Heusenstamm

Vom Ordnen und Sammeln – Der ICOM-Tag im Sammlungsdepot in Heusenstamm

Seit inzwischen mehr als 15 Jahren feiert das Museum für Kommunikation Frankfurt den ICOM-Tag in der Sammlung in Heusenstamm. Wie ist das für die Abteilung Sammlung, dass der ICOM-Tag, der sich im Lauf der Jahre zum Tag der offenen Tür entwickelt hat, erstmals ausfällt? Die offenen Türen des Sammlungsdepots bieten insbesondere Sammler*innen und Fachleuten die seltene Möglichkeit, einen Einblick in den Variantenreichtum und verschaffen ihnen den Zugang zu den sonst nicht sichtbaren Objekten ihrer Forschungen und ihres Interesses.

Frank Gnegel, Leiter der Sammlung, schätzt es besonders, dass „viele Menschen, die uns etwas schenken, das ihren Großeltern gehört hat, die Objekte hier in Heusenstamm sehen können.“ Denn nicht alle Gaben von großzügigen Schenker*innen haben die Möglichkeit eine Bühne im Museum zu bekommen. Auch wenn es die Besucher*innen oft gar nicht so wahrnehmen, in der Sammlung sind die Objekte nicht didaktisch aufbereitet. Sie sind sorgfältig verwahrt, aber nicht inszeniert und ihre Präsentation folgt keinem kuratorischen Konzept. Es handelt sich um eine Schausammlung. Ein Gespräch zwischen Frank Gnegel und Corinna Engel, Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit des Museums für Kommunikation Frankfurt, über Sammeln in Zeiten von Corona. 

Corinna Engel: Wie arbeitet die Sammlung in Corona-Zeiten? Gibt es neue Schwerpunkte oder Konzepte?

Frank Gnegel: Mit seinen 15.000 Quadratmetern ist das Sammlungsdepot in Heusenstamm der größte Magazinstandort der Museumsstiftung. Die wenigen Mitarbeiter*innen verlieren sich zwischen den Exponaten, sie können die Abstandsregeln gut einhalten. Da wir viel dokumentierend und forschend tätig sind, können wir gut allein arbeiten: Fotograf*in, Dokumentar*in, Registrar*in und Wissenschaftler*in reichen die Objekt zwischen sich weiter, persönliche Kontakte können sie meiden.

Rückblick auf den ICOM-Tag 2019

CE: Hat sich das Sammeln in den letzten Wochen verändert?

FG: Wir merken, dass die Menschen aufräumen und uns werden sehr viele Objekte angeboten. Was uns auch auffällt, ist, dass die Leute nun viel Zeit haben. Diejenigen, die sich hobbymäßig oder in der nachberuflichen Phase mit Kommunikations-Themen beschäftigen, stellen vermehrt Anfragen: Radiosammler*innen oder Tech-Enthusiast*innen wollen ihre Interessenschwerpunkte vertiefen und wenden sich an uns.

CE: Insbesondere Stadtmuseen rufen die Bevölkerung auf, Objekte mit Geschichten einzusenden, die die Pandemie dokumentieren, ist so etwas auch von der Sammlung. geplant? Im Sinne einer Dokumentation der Mediennutzung durch Corona?

FG: Noch gibt es zwar keinen Ort auf unserer Webseite, wo die interessierte Öffentlichkeit Geschichten einreichen kann, aber wir arbeiten daran. Im Unterschied zu Stadtmuseen, die die persönliche Situation der Bewohner*innen einer Stadt in Verbindung mit einem besonderen Objekt sammeln wollen, geht es uns um den Bezug zur Kommunikation und damit auch zur Kommunikationstechnik bzw. dem Kommunikationsmittel, also Objekten, die physisch vorhanden sind. Zur Kategorie der Objekte, mit denen Personen kommunizieren gehören beispielsweise „Corona Shake-Hands“. Das ist ein physisch dreidimensionales Objekt, um Händeschütteln zu imitieren und so die Freundlichkeit trotz der Einhaltung physischer Distanz ermöglicht.

Wir sammeln auch aktiv digitale Objekte, die in der Corona-Zeit wichtig geworden sind. Das sind zum Beispiel Tracking-Devices, smarte Objekte, die Daten sammeln, wie Fieberthermometer, die anonymisiert Daten aus aller Welt an eine zentrale Stelle senden und nach Auswertung der Daten werden diese dann zur Vorausschau und Planung eingesetzt. Oder Objekte, die demjenigen, der sie verwendet, dem User, individuelle Gesundheitsvoraussagen erlauben. Es gibt eine Vielzahl smarter Geräte, die wie Fitnessarmbänder funktionieren. Wir haben einen Ring erworben, den man am Finger trägt und der permanent die Temperatur misst und ein Profil entwickelt. Auch haben wir ein Unternehmen recherchiert, das einen Fertilitäts-Tracker umgewidmet hat und als Voraussageinstrument einsetzt. 

Eine weitere Sorte von Objekten, die wir sozusagen als Reflex auf Corona sammeln, sind solche, die die Ausbreitung verhindern: Dazu gehören ein smartes Armband, das durch Brummen daran erinnert, dass sich die oder der Träger*in ins Gesicht fasst oder auch ein Abstandswarner in der Art eines Namensschildes, das an die Kleidung geheftet ein Signal ertönen lässt, wenn sich ein Hindernis dichter als 1,50 Meter nähert. Eine weitere höchst spannende Kategorie sind Objekte aus Hongkong und Bahrain, mit denen die Behörden die Bevölkerung ausstatten, um die Pandemie einzudämmen und zu kontrollieren. Wir würden sie als Überwachungstools bezeichnen.

CE: Das Thema des ICOM-Tages ist Inklusion, was haben die Besucher*innen verpasst und wird es einen Nachholtermin geben?

FG: Wir haben schon immer Objekte gesammelt, in denen es um Inklusion ging. Für Menschen mit Einschränkungen wurden in der Kommunikationsgeschichte seit jeher Angebote entwickelt, die ihnen Kommunikation ermöglichen oder sie vereinfachen. In unserer Sammlung haben wir Gehörlosen-Telefone, Schreibmaschinen für Braille-Schrift oder auch die barrierefreie Telefonzelle, die meine Kollegin Lioba Nägele hier im Blog vorgestellt hat. Ob wir den ICOM-Tag als Tag der offenen Tür nachholen, steht noch nicht fest. Doch wir haben ein schönes Digitalangebot für alle Heusenstamm-Aficionados entwickelt: Ab Sonntag wird es möglich sein, mittels eines Audiowalks digital durch die Sammlung zu wandern. Wir freuen uns auf diese digitale Variante des ICOM-Tages.

Interview: Corinna Engel, 16. Mai 2020

Lauch oder Spargel – wie digitale Tools das Klima retten

Lauch oder Spargel – wie digitale Tools das Klima retten

Wie die Klimabewegung jeden Freitag auf die Straße geht (und während Corona den Protest ins Netz verlagert), traf sich bis März alle drei Wochen der Digital Club freitags im Museum. Axel Stolzenwaldt, Lehrer, Buchhändler, Softwareentwickler und IT-Consultant, hat den Digital Club über ein halbes Jahr betreut. Im Kurzinterview erklärt er, warum es so wichtig ist, Technologie und Umwelt zu verbinden.

Regina Hock: Der Schwerpunkt bei den letzten Treffen des Digital Clubs lag auf Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Hast Du das Gefühl, dass die Jugendlichen, die beim Digital Club aktiv sind, sich verstärkt für Klimaschutz engagieren und digitale Tools erlernen wollen, die eine klimagerechte Zukunft befördern?

Axel Stolzenwaldt: Anfänglich sind die meisten gekommen, um einfach Programmieren zu lernen. Dass das Thema “Umweltschutz” war, schien für viele selbstverständlich zu sein. Es wird sowieso in ihrem Freundeskreis und Umfeld immer wieder diskutiert.

RH: Ihr baut kleine Messstationen, mit denen ihr den Schadstoffgehalt in der Luft ermittelt. Kannst Du kurz beschreiben, wie diese Messstationen funktionieren?

AS: Mit Sensoren kann man den Anteil von Gasen in der Luft messen, so z.B. den Sauerstoffgehalt oder den Gehalt an Stickoxiden. Diese Sensoren werden von einem Arduino ausgelesen, mit LEDs angezeigt und zur weiteren Verarbeitung an einen Raspberry Pi geliefert. Der Raspberry Pi wird dann zur Programmierung der optischen Darstellung auf einem Monitor genutzt. 

digital Club im museum für kommunikation

Für den Digital Club treffen sich Jugendliche ab 12 Jahren, die Interesse an Programmierung und dem Zusammenspiel von Technik, Ökologie und Gesellschaft haben, alle drei Wochen freitags von 15 bis 17.30 Uhr. Das letzte Digital Club-Treffen fand am 21. Februar 2020 statt. Die Teilnehmer*innen erwerben Kenntnisse in der Programmierung (Python und Processing/ Java), machen sich aber auch Gedanken über technische und gesellschaftliche Fragestellungen.    

 

RH: Welche Projekte habt Ihr noch realisiert?

AS: Das Projekt umfasst so viele einzelne Elemente – Aufbau der Messstation auf Arduino mit Sensoren und Programmierung der Visualisierung der Daten auf dem Raspberry -, dass man diese Elemente jeweils als eigene Projekte auffassen könnte. Der Digital Club ist als langfristiges Projekt angelegt: Die einzelnen Schritte bauen zwar auf den vorherigen Ergebnissen auf, sind aber auch als eigenständige Lerneinheiten zu betrachten.

Wir starten damit, dass wir erste Schritte mit Arduino machen und Erfahrungen in der Programmierung mit Python sammeln. Schritt für Schritt setzen wir dann Feuchtigkeits- und Temperatursensoren ein, mit denen wir Daten auslesen und Messwerte interpretieren. Dann stellen wir die Messdaten mittels Datenübertragung auf den Raspberry Pi grafisch dar. Wichtig sind auch die Experimente, bei denen wir Messungen an verschiedenen Stellen im Museum oder in der städtischen Umgebung machen. Die Jugendlichen erkennen schnell, dass Messungen abhängig sind von Ort und Zeit und verschiedene Standorte auch verschiedene ökologische Rahmenbedingungen mit sich bringen. 

RH: Warum ist es denn aus Deiner Sicht so wichtig, Technologie und Umwelt zusammenzudenken?

AS: Die Fragen, die mich umtreiben haben “Bits und Bäume” gut formuliert. Ganz grundsätzlich würde ich sagen: Digitaler Wandel treibt gesellschaftliche Veränderungen so stark an wie vor etwa 200 Jahren die industrielle Revolution. Für mich verbinden sich die Faszination von den technischen Möglichkeiten mit den Möglichkeiten der Entwicklung demokratischer Gesellschaften. Ich denke, es sollte nicht aus einer kulturkritischen Ablehnung technischer Entwicklungen heraus die Chancen zur aktiven Gestaltung einer Gesellschaft verpasst werden. Und hier ist die Entwicklung unserer Umwelt die zentrale Herausforderung.

Gerade diejenigen, die die Demokratisierung der Gesellschaft weiter entwickeln wollen und eine ökologische Katastrophe verhindern wollen, sollten die Gestaltung technologischer Strukturen nicht den gewinnorientierten IT-Konzernen überlassen. Und dazu gehört ein gewisses Maß an informationstechnischem Grundwissen.

RH: Wenn Zeit und Geld keine Rolle spielen würden, welche Software würdest Du gerne programmieren, um das Klima zu retten?

AS: Programmieren ist heute nicht mehr die individuelle Großtat eines mit Hoodie hinter dem Monitor kauernden Nerds, sondern Teamarbeit. 

Ich würde gern ein Team aufbauen, das die vorhandenen technischen Möglichkeiten nutzt, um die vorhandenen Datenmengen mit Hilfe neuronaler Netze so auszuwerten und zu präsentieren, dass Menschen bessere Informationen für Alltagsentscheidungen treffen können.

Axel Stolzenwaldt

Zum Beispiel: Wann wäre es für mich am sinnvollsten die Waschmaschine zu starten, damit im Stromnetz keine Spitzenbelastungen auftreten? Wie kann ich bei mir zu Hause aufgrund meines Lebensrhythmus die Energieversorgung am sinnvollsten steuern? Welches Essen ist heute aufgrund der aktuellen Ernte die beste Wahl: Lauch oder Spargel? Wichtig bei solchen Dingen: Es darf nicht zu einer Fremdsteuerung führen. Vielleicht will ich auch im Dezember Erdbeeren essen, ich sollte nur wissen, welche Voraussetzung und Folgen meine Entscheidung hat. Und meine Daten gehören immer noch mir. Ich will keine Vernetzung und Weitergabe meiner Daten an Dritte. Grundlage dieser Entwicklung ist das Modell FOSS, Free and Open Source Software.

Schön wäre auch noch ein Aufräumroboter, der mir die Wäsche und das Staubsaugen abnimmt ;-).

 

Der Blogtext entstand im Rahmen der Museumsweek zum Thema #climateMW.

Sieben Tage, sieben Hashtags: Wir stecken mitten in der #MuseumWeek. Weltweit posten Museen, Gallerien, Science Center, Bibliotheken und Archive jeden Tag zu einem Hashtag: Von #heroesMW über #CultureInQuarantineMW, #togetherMW zu #MuseumMomentsMW und natürlich an diesem Freitag #climateMW. Samstag und Sonntag folgen noch die beiden Hashtags #technologyMW und #dreamsMW. 

Interview: Regina Hock, 15. Mai 2020

Allein mit den Telefonschafen

Allein mit den Telefonschafen

Ein Kurzinterview mit unseren beiden neuen Empfangsmitarbeiter*innen

Unsere beiden neuen Empfangsmitarbeiter*innen haben vor sechs Wochen höchst motiviert ihren ersten Arbeitstag angetreten und dann kam leider alles anders als gedacht. Der Lockdown bedeutete für die beiden Einarbeitung unter erschwerten und ungewöhnlichen Bedingungen. In einem kurzen Interview erzählen sie euch, auf was sie sich – gemeinsam mit unseren Telefonschafen – am meisten freuen. Die beiden Kolleg*innen sind übrigens auch unsere #heroesMW in der Museumsweek, die diese Woche startet. 

Nina Voborsky: Ihr habt die Stelle als Empfangsmitarbeiter*in im Besucherservice während des Corona Lockdowns angetreten. Wie fühlt sich das nach all den Wochen ohne Publikumsverkehr an, wenn am 12. Mai endlich die Türen öffnen?

Anne: „Endlich ist ein gutes Stichwort: Wir freuen uns schon sehr auf die Museumsgäste. Und für mich persönlich war es schon sehr komisch, in den letzten Wochen im leeren Museum zu stehen. Ich habe ja schon ein paar Jahre hier im Team Bildung und Vermittlung mitgearbeitet, also viele Führungen und Workshops gehalten und kenne das Haus daher voller Schulklassen, Gruppen, Familien – voller Leben eben. Wirklich schön, dass es jetzt endlich wieder losgeht.

„Ja, endlich kommt Leben in die Bude! Die Telefonschafe gegenüber vom Empfang langweilen sich auch schon.“ ergänzt der Kollege.

NV: Habt ihr Bedenken wegen der Corona-Situation?

Anne: „Überhaupt nicht. Das Museum ist doch super vorbereitet. Da mache ich mir gar keine Sorgen.“

Konny: „Hier gelten ja genauso die Hygieneregeln, die wir alle ja schon seit Wochen befolgen. Zusätzlich haben wir zum Schutz für uns und unsere Gäste eine neue Wegeführung eingerichtet und begrenzen natürlich den Einlass. Die Abstandsregeln gelten selbstverständlich auch hier.“

NV: Welche unserer Ausstellungen und welches Angebot findet ihr besonders?

 Anne: „Ganz ehrlich? Alles. Angefangen von den toll erzählten Mediengeschichten in der Dauerausstellung – ich finde die Insel-Lösung einfach großartig – über die Verlängerung der spannenden Geheimnis-Ausstellung und natürlich #neuland, was ja jetzt doppelt und dreifach passt, wo wir das WWW in den letzten Monaten alle irgendwie neu entdeckt und genutzt haben. Aber natürlich sind auch die Vermittlungsangebote alle sehr besonders. Ich hoffe sehr, sehr, dass sie alle bald wieder stattfinden können. Ich glaube, diese Angebote werden aktuell mehr gebraucht denn je.”

„Und wenn man möchte, kann man vorher anrufen und sich für die Sonderausstellungen ein Ticket mit einer bestimmten Einlasszeit reservieren, dann muss man nicht warten und kann den Tag besser planen. Aber man kann natürlich auch einfach so vorbeikommen.“

Empfangskollege Konny

NV: Was meint ihr, worauf werden die Besucher*innen am meisten reagieren?

Anne: „Wahrscheinlich auf die #neuland-Ausstellung, weil sie A neu ist, B noch nicht wirklich eröffnet und B das aktuelle Thema Digitalisierung aufgreift.“

Konny: „Generell auf mal wieder etwas Abwechslung – wir haben ja hier auch ein sehr angenehmes Gebäude mit viel Platz und reizvoller Architektur.“

NV: Was würdet ihr einem sehr ängstlichen Besucher sagen, der ob der Situation etwas unsicher ist?

Anne: „Herzlich Willkommen, wir freuen uns, dass Sie da sind. Sie kennen das ja alles von Aldi und Lidl: Wir achten hier sehr auf Ihre Sicherheit, Abstand, Masken usw., wir haben außerdem Desinfektionsmittel für Sie, unsere Stationen laufen kontaktarm – zum Beispiel in Dauerschleife, unsere Bildschirme werden nur mit einem speziellen Stift benutzt. Und Sie finden auch überall nette Mitarbeiter*innen, die Sie ansprechen können. Wenn Sie sonst keine Fragen haben, wünsche ich Ihnen jetzt viel Spaß im Museum.“

Ungefähr so, allerdings glaube ich, die Leute sind alle sehr entspannt und freuen sich einfach, dass sie wieder rauskommen, etwas unternehmen und erleben können.

Konny lächelt: „Und mit etwas Glück gibt es auch bald wieder einen Kaffee im Museumscafé…“

Wiedereröffnung

Am Dienstag, 12. Mai 2020 öffnet das Museum für Kommunikation Frankfurt wieder für alle Besucher*innen. Dafür hat die Museumsstiftung mit ihren Schwesterhäusern in Berlin und Nürnberg ein Maßnahmenkonzept für die Wiederaufnahme des Museumsbetriebes erarbeitet.

Wir möchten euch ein entspanntes und sicheres Museumserlebnis in unserem großzügigen Museumsneubau von Günther Behnisch ermöglichen und freuen uns schon jetzt auf ein Wiedersehen. Die wichtigsten Fragen zu eurem Museumsbesuch beantworten wir euch in unseren FAQs

 

Interview: Nina Voborsky, 11. Mai 2020