#MuseumForFuture – Die Zukunft gehört dem Museum?  Gedanken dazu aus dem Museum für Kommunikation Nürnberg

#MuseumForFuture – Die Zukunft gehört dem Museum? Gedanken dazu aus dem Museum für Kommunikation Nürnberg

Wenn Jörn Brunotte zur Blogparade aufruft, ist es eine Freude mitzumachen. Zudem ist das Thema dieses Mal besonders spannend, denn es geht um die „Zukunft des Museums“ oder #museumforfuture.

Intro: #museumforfuture

Es geht darum, wie wir als Museum „nach der Krise“ weitermachen wollen und noch viel mehr darum, wo wir stehen und – anders als in den politischen Debatten seit März 2020 – wie relevant wir sein wollen. Ein weites Feld also, aber ein spannendes Thema und natürlich kommen wir als Museum für Kommunikation Nürnberg dem Aufruf mit Freude nach und beteiligen uns mit einem Beitrag an die Diskussion. Die Idee hinter unserem Post ist, dass unterschiedlichen Bereiche des Hauses zu Wort kommen, um das weit gefächerte Thema „Zukunft des Museums“ aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Wie geht es weiter im Bereich „Bildung und Vermittlung“, wie werden morgen Ausstellungen und wie das Rahmenprogramm aussehen? Wie sieht unser Volontär sein zweites Jahr Volontariat und wie wirkt sich dies alles zusammen auf die Vision des gesamten Hauses aus? Der Blogbeitrag ist eine kollaborative Zusammenarbeit – eine Art, in der in kleinen Häusern wie dem unsrigen oft gearbeitet wird und vielleicht auch eine, um in der Zukunft transparenter und offener zusammen zu arbeiten?!

Das Museum für Kommunikation Nürnberg gehört mit seinen beiden Schwestermuseen Museum für Kommunikation Frankfurt und Museum für Kommunikation Berlin sowie den Sammlungen und dem Archiv für Philatelie zur Museumsstiftung Post und Telekommunikation. In „normalen“ Jahren ist unser Haus mit seinem spannenden Vermittlungs-, Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramm besonders stolz auf seine interaktive und partizipative Ausrichtung. Diese wird unter der Woche vor allem von Schulklassen und an den Wochenenden sowie Ferien vor allem von Familien sehr gut angenommen und schlägt sich in über 120.000 Besucher*innen (in 2019) nieder.

Seit Beginn der Pandemie im letzten März hat sich das Museum für Kommunikation Nürnberg, gemeinsam mit den beiden anderen Standorten, natürlich auf digitale Museumsarbeit umgestellt. Die drei Häuser haben ihren bereits breit aufgestellten virtuellen Bereich – der von virtuellen Ausstellungsrundgängen (Expotizern) über Online-Sammlung(en) bis hin zu rein digitalen Ausstellungen reichte – nochmals deutlich erweitert (siehe hierzu z. B. den „Digitalbereich“ des Museums für Kommunikation Nürnberg). Hinzugekommen sind neben Veranstaltungsstreamings und Online-Vermittlungsangeboten für Kinder (wie der z. B. Programmierkurs oder Schrott-Robos-Bauen) in Nürnberg u. a. ein Let´s Play und Podcast-Projekt mit Namen VoloMuPo, Volontär*innen-Podcast.

Zu den verschiedenen Projekten erfährt man im Folgenden noch mehr und es sind noch weitere Angebote geplant.

Museumsleitung (Dr. Annabelle Hornung): „In (die) Zukunft führen“

Ich habe im Juni 2020 als Leiterin des Museums für Kommunikation Nürnberg begonnen und bin somit kurz nach der Wiedereröffnung im Mai eingestiegen. Wer in der Pandemie ebenfalls den Job gewechselt hat, weiß wovon ich spreche, wenn ich sage, dass es eine schwierige Situation war. Man kommt neu – in meinem Fall wieder zurück – ins Museum, das noch immer mit den Folgen des ersten Lockdowns zu kämpfen hat. Ab dem ersten Tag war es, noch mehr als normalerweise als Führungskraft, wichtig, die Motivation hoch zu halten, transparent über alle Entwicklungen zu sprechen und für Ängste und Bedenken ein stets offenes Ohr zu haben. Die weiteren Sommermonate brachten Erleichterungen, die Zahlen der Infektionen waren auf Tiefststand und es war sogar möglich, sich draußen (mit Abstand) zu begegnen. So konnten wir im August mit Besucher*innen zum Beispiel, den Aktionstag anlässlich des 40. Geburtstags unseres Nürnberger Fernsehturms, besser bekannt als „Nürnberger Ei“, feiern oder im September in reduzierterer Form, die Stad(ver-)Führungen mit kleinem analogen Angebot begehen. Momente, die heute, im Januar 2021, meilenweit weg erscheinen. Erneut sind wir wie alle anderen Museen seit Anfang November wieder geschlossen. Der zweite Lockdown, eine schon seit über drei Monaten andauernde Zwangspause. Allerdings konnten wir vor der erneuten Schließung Ende Oktober noch unsere neue Wechselausstellung „#neuland – Ich, wir und die Digitalisierung“ eröffnen. Die Präsentation, eine Übernahme aus dem Museum für Kommunikation in Frankfurt und ein Gemeinschaftsprojekt mit der Nemetschek Stiftung, befasst sich mit dem digitalen Wandel und dessen Auswirkungen auf die Gesellschaft, aber auch auf das Individuum. Passend zu diesem Thema, aber auch angesichts der seit Oktober stetig steigenden Infektionszahlen haben wir das Rahmenprogramm bereits vor der Eröffnung zu großen Teilen remote und hybrid geplant, so dass eine – wie dann leider auch eingetreten – Übertragung des Rahmenprogramm ins rein Digitale kein größeres Hindernis dargestellt hat. Leider konnten die Besucher*innen die Ausstellung gerade einmal fünf Tage besuchen und es steht in den Sternen, wann das wieder möglich ist.

So möchte ich im Moment als Direktorin erst einmal nur in die unmittelbare Zukunft, also in die nächsten zwei, drei Monate, blicken: Eingedenk meines ersten Dreiviertel-Jahres zurück im Museum, geprägt durch die Krise, müssen wir uns als Institution in erster Linie jeden Tag neu mit der Frage nach unserer Relevanz beschäftigen. Hier müssen wir Lösungen und kreative Ideen anbieten, um uns zugleich als wichtigen Ort des gesellschaftlichen Diskurses und der Bildung aufzustellen. Dieses nahe und zugleich Fern-Ziel möchte ich mit meinen Kolleg*innen erreichen und dazu müssen wir gemeinsam lernen und uns weiterbilden. Nur so können wir den neuen Herausforderungen der Museumsarbeit und ihrer Zukunft (1) gewachsen sein.

(1) Lektüre zur Zukunft des Museums: Andrés Szántós Gesprächssammlung „The Future of the Museum” oder Joachim Baur + schnittpunkt (Hg.): „Das Museum der Zukunft“.

Presse und Öffentlichkeitsarbeit (Dr. Vera Losse): „Öffentlichkeitsarbeit während und nach Corona“ 

Das Museum für Kommunikation Nürnberg (MKN) gehört mit den beiden Schwestermuseen zur Museumsstiftung Post und Telekommunikation, wir haben eine gemeinsame Webseite und arbeiten in der Kommunikation vieler Themen besonders im digitalen Bereich eng zusammen. Vor Ort kümmern sich die Pressereferent*innen um standortspezifische Angebote und stehen als Ansprechpartner*innen zur Verfügung.

Die Kommunikation des MKN war im ersten Lockdown zunächst davon geprägt, vorhandene Kontakte in die Medien hinein zu pflegen und Wege zu entwickeln und das #closedbutopen Museum mit seinen digitalen Angeboten in die Öffentlichkeit zu bringen. Dabei entstanden auch neue Formate: Elke Schneider, unsere Kollegin aus dem Bereich Bildung und Vermittlung, nutzte den Instagram-Kanal des Hauses für Angebote, wie etwa eine Museumsführung. Im zweiten Lockdown  haben wir konsequent alle Angebote, etwa für die Advents- und Weihnachtszeit, von vorn herein ins Digitale verlegt (2) , was die Planung der Medienarbeit erleichterte. Eine weitere neue Erfahrung: Viele Journalist*innen waren und sind nach im Homeoffice. Begegnungen im Museum sind daher kaum möglich, so fanden die ersten Interviews mit der neuen Direktorin Annabelle Hornung per Telefonkonferenz oder Zoom statt.  Auf die Einladung zur Pressekonferenz zu unserer Sonderausstellung #neuland am 27.10.2020 kamen sehr unterschiedliche Reaktionen, einige Journalist*innen wollten die Schau unbedingt vor Ort sehen, andere komplett aus dem Homeoffice recherchieren. Hier hat sich der digitale Expotizer sehr bewährt, der um eine Kurzführung durch die Ausstellung erweitert wurde, ein Format mit viel Zukunft. Insgesamt war und ist das Interesse am Thema Kommunikation gerade in Pandemiezeiten seitens der Medien hoch. So erfuhr etwa ein dpa-Interview zum Thema: „Kommunikation mit Maske“ mit der Stimmtrainerin und Schauspielerin Luna Mittig, die unsere Museumspädagog*innen in der Kommunikation mit dem „Schnutenpulli“ schulte, ein sehr großes überregionales Echo. Eingebunden wurden Mittigs Äußerungen in einen Text, der das Thema aus verschiedenen Perspektiven, etwa einer Lehrerin oder eines Mimikforschers beleuchtete.

Wie wird es weitergehen? Ich persönlich glaube, dass die Erfahrung von Entgrenzung durch Digitalität eine immer größere Rolle in der Öffentlichkeitsarbeit spielen wird. Zwar wird es hoffentlich bald wieder Angebote und Veranstaltungen im Museumsraum geben, im Moment fällt die mittelfristige Themensetzung im Analogen schwer. Aber schon heute werden  das Haus und die Museumsstiftung Post und Telekommunikation über die Webseite und die digitalen Kanäle insgesamt als kompetente Informations- und Veranstaltungsplattform zum Thema Kommunikation wahrgenommen. Dies geschieht durch ganz unterschiedliche analoge, digitale und hybride Formate, Gesprächsangebote sowie die Recherchemöglichkeiten in unseren Datenbanken. Hieraus ergeben sich ganz neue Möglichkeiten, geographisch und zeitlich uneingeschränkt, gemeinsam mit Journalist*innen, Blogger*innen, Plattformbetreiber*innen Themen zu entwickeln. Medienarbeit wird dadurch auch partizipativer werden und wir werden Ansprechpartner*innen in einem noch ganz anderen Ausmaß als heute nicht mehr nur für klassische Journalist*innen sein.

Beschäftigen wird uns auch weiterhin der rasante Wandel in den klassischen Medien, der schon vor schon vor Corona in vollem Gange war, sei es beim Verlag Nürnberger Presse, der jetzt eine konsequente digital first-Strategie fährt oder beim BR, der die Trimedialität weiter vorantreibt.(3) Wir werden in den kommenden Monaten das Infektionsgeschehen und seine Konsequenzen, unsere Arbeitserfahrungen aus der Pandemiezeit und den Medienwandel beobachten und reflektieren, es bleibt spannend.

(2) Ein Beispiel hierfür war unsere Weihnachstwebsite, auf der Angebote, wie unsere Postkutschenfahrten auf dem Christkindlesmarkt für das Web aufbereitet wurden.

(3) Zum Thema Medienwandel gibt es umfangreiche Literatur, siehe den Artikel von Prof. Klaus Meyer (Katholische Universität Eichstätt, Studiengang Journalistik), der besagt, dass die letzte Zeitung 2033 erscheinen wird; oder die Entwicklung im Bereich TV, siehe hier.

Bildung und Vermittlung (Elke Schneider): „Lust, Frust, Flexibilität – und: das digitale Publikum ist ein anderes“

Bevor ich in die Zukunft schaue, ein Blick zurück in ein völlig anderes Jahr, in dem ein erster Lockdown verhinderte, dass wir die Geschichten unseres Museums vor Ort Menschen erzählten, Museumsthemen in der Sonntags-Werkstatt praktisch erfahrbar machten, in dem Homeschooling angesagt war, Ferien-Aktionen ausfielen, die vulnerable Gruppe der älteren Menschen ebenso nicht mehr zu Smartphone-Kursen ins Museum kommen konnte wie die Besucher*innen unserer Veranstaltungsreihe Daten-Dienstag. Und an Postkutschenfahrten mit neun Passagieren auf engstem Raum war gar nicht zu denken. Flexiblität war gefragt: lange Instagram-Posts ersetzen Expressführungen, mittlerweile ist eine Audiospur daraus geworden und wird demnächst als Medienguide nutzbar sein. Ebenso startete im Sommer eine Instagram-Reihe mit praktischen Ideen als #MitmachMittwoch, FerienWerkstatt und schließlich #SonntagsWerkstatt. Daneben galt es, Online-Tools wie Zoom, Jitsi, MS Teams, Wonder.me, Trello, Padlet, Mural und Miro nicht nur kennenzulernen, sondern auch den Datenschutz zu prüfen und Bedenken auszuräumen. Sind wir nach einem Jahr Experten, wie es unlängst ein Museumsdirektor feststellte? Nein, aber wir sind neugierig, mutig und probieren.

Nach dem Lockdown folgte eine Wiederöffnung nach zwei Monaten mit einem völlig veränderten Museum: Wo eigentlich zahlreiche interaktive Stationen Anlässe zur Kommunikation stiften, sind nun Absperrungen – bewusst improvisiert, weil diese Stationen doch unser Museum eigentlich auszeichnen, aber dennoch auch nach gut fünf Monaten Publikumsbetrieb immer noch ansehnlich. Öffentliche Führungen starteten im Frühsommer langsam und in sehr kleinen Gruppen wieder mit Maske. Spannend, was der Geistesblitz, Schulungen zum „Sprechen mit Maske“ anzubieten ausgelöst hat. Bis ins ARD-Morgenprogramm schaffte es das Thema.

Allerdings konnte unser Team aus freien Mitarbeiter*innen Schüler*innen nicht zeigen, wie wir dies machen: Bayerischen Schulklassen waren schon im vergangenen Schuljahr nach den zwei Lockdown-Monaten Ausflüge und damit Museumsbesuche verboten – dies hält an und aktuell haben wir im vierten Monat Distanzunterricht. Die Diskussion darum geht aktuell wieder durch die Medien. So ist es bis heute schwierig für uns Lehrer*innen zu erreichen, die mit vielerlei Problemen ringen. Nur ab und an kommt ein*e Referendar*in, um für eine Lehrprobe historische Telefone auszuleihen. Aktuell prüfen Umfragen der Museums-Kolleg*innen der Museen für Kommunikation in Bern und Frankfurt, welche Bedarfe bei Lehrer*innen bestehen. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse.

Eine große Freude war das erste Ferienprogramm, das am Ende des entspannten Sommers wieder stattfinden konnte: „Entwickle Dein eigenes Computerspiel!“ für eine reduzierte Zahl von 10 Kindern in unserem Festsaal mit fast 200 qm. Statt der Arbeit in kleinen Teams arbeiten die Kinder einzeln. Wie aber kann ein Gespräch in der Gruppe stattfinden, wenn 1,5 m Abstand gelten? Die Lösung ist eine Zoom-Konferenz im Raum. Mit Headset und Laptop waren die Kinder so nahe beieinander wie erlaubt, konnten sich aber gut verstehen, dabei analog und digital sehen und spielten nebenbei das Homeoffice der Eltern nach.

Ebenso war es ein Highlight, als an einem Termin Ende September unsere Museums-Postkutsche wieder mit einem Hygienekonzept wieder fahren konnte. Die zwei Fahrgasträume waren reserviert für zwei Familien, die Fahrzeit war statt eines halben Tages über 25 Minuten vom Museum durch die südliche Nürnberger Altstadt und wieder zurück. Und vor der Fahrt gab es einen Rundgang durch das Museum zu Posthorn, Uniformen, „Trittbrettfahrer“ und „Schmiergeld“ inklusive des Autogramms von Neil Armstrong auf einem Postkutschen-Ticket. Die sechs Runden waren ausgebucht und strahlende Gesichter bei den teilnehmenden Familien, aber auch bei den freien Mitarbeiter*innen, der Postillionin und dem Conducteur machten uns glücklich.

Ein großer Frust dagegen war es, als wir einer Mutter im November zum zweiten Mal die Geburtstagsfeiern ihrer zwei Kinder absagen mussten. Sie hatte die zwei Feiern eigentlich bereits im März geplant. Planbarkeit, Verbindlichkeit, Verlässlichkeit werden in diesen Zeiten leider unmöglich. Und es ergibt sich die Sorge, ob die Mutter es ein drittes Mal probieren wird, einen Geburtstag bei uns zu feiern und wie sich das Publikum verändern wird. Wie lange bleiben Abstand, Masken und Vorsicht?

Völlig neue Möglichkeiten ergeben sich durch die Umstellung unserer Veranstaltungsreihe „Daten-Dienstag“, bei der einmal im Monat ein*e Expertin einen Aspekt der Datensicherheit bzw. des Datenschutzes in den Blick nimmt. Seit Juli bieten wir dies online via Zoom an. Dabei offenbart sich ein völlig verändertes Publikum: kommen zu den Vor-Ort-Terminen neben unserem Museumspublikum und mitunter ganzen Berufsschulklassen auch Datenschutzbeauftragte und Jurist*innen, übernehmen letztere online die Mehrheit. Wir erreichen damit auch nicht mehr nur das Publikum aus Nürnberg und Umgebung, sondern in unser E-Mail-Postfach gehen Anmeldungen aus der ganzen Bundesrepublik und sogar der Schweiz ein. Eine völlig neue Qualität! Schon zeichnen sich darunter neue Stammgäste ab und bereits jetzt treibt dieses Fachpublikum die Frage um, ob wir den “Digitalen Daten-Dienstag” beibehalten, auch wenn Corona vorbei ist.

Fazit: Wir alle – Museumspublikum und Museumsmitarbeiter*innen sind angestrengt in der neuen Normalität unter der Maßgabe, flexibel mit den Vorgaben umzugehen, um uns dennoch zu erreichen. Es fehlen Nähe, direkte Begegnung und Austausch, Partizipation, Raumerfahrung und vor allem sinnliche Eindrücke. Ich sehe reichlich Ausbaubedarf der Online-Möglichkeiten, aber kaum die Chance, in die Situation davor ohne diese zurückzugehen. Digitale Angebote werden bleiben, weil sie uns alle verwöhnt haben – mich zum Beispiel mit zahlreichen Online-Fortbildungen und einem völlig neuen monatlichen Jour Fixe per Videokonferenz mit meinem vier Kolleg*innen aus der „Bildung & Vermittlung“ an den anderen Standorten der Museumstiftung Berlin und Frankfurt. So halte ich fest: Online-Angebote können die Arbeit vor Ort nicht ersetzen, bereichern aber das Angebot auf neue Weise. Sie sind faszinierend und sollten ihren Möglichkeiten entsprechend entwickelt werden. Was sich dort in der Zukunft ergeben wird, darauf bin ich gespannt.

Wissenschaftliches Volontariat (Christian Bihn): „Museen, auf die Straße!“

In der Zukunft werden wir via Flugtaxi oder Unterdruck-Transport-Röhre à la “Futurama” zu den Museen dieser Welt reisen. Dort angekommen, betritt man die nunmehr gänzlich digitalisierten Sammlungen mittels der Datenbrille und kann bequem per Handbewegung zwischen den einzelnen Sammlungsgebieten hin und her wechseln. Und noch während ich das hier schreibe, führe ich eine Hand an meine Stirn und schüttle nur den Kopf angesichts dieser spekulativen und vor allem utopischen Vorstellungen, die ich hier abtippe. Die Zukunft ist in der Regel unspektakulär, unaufgeregt und – verständlicherweise – sehr weit entfernt. Der Historiker in mir blickt dann gerne auf den Bilderzyklus „En l’an 2000“ (4), der Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden ist und die technischen Wunder des Jahres 2000 zeigen wollte. Schüler*innen lernen mittels Maschine, die Bücherinhalte direkt in die Köpfe transferiert – natürlich noch per Kurbelantrieb. Feuerwehrleute, die mit mechanischen Flügeln brennende Gebäude löschen. Oder die komfortable Videotelefonie mit dem Handspiegel. Im Grunde viele biedere Damen und Herren in einer Welt aus Lochblech, viel Draht und Glühbirnen. Mein im Jahr 2000 verhungertes Tamagotchi verkneift sich im Jenseits eine Träne, da es offenbar schon im Jahr 1900 ein potenzielles Dasein in Vergessenheit geführt hat.

Schieben wir also die spektakuläre Zukunft zur Seite und werfen wir einen Blick auf die nächsten Jahre. Das Zeitalter nach Corona. Mich hat es im Januar 2020 vom Untermain an die Pegnitz gezogen. Der Plan: Zwei Jahre Volontariat. Der Plan wird nach nur zwei Monaten umgeworfen. Lockdown 1, Homeoffice und die Frage, wie soll das eigentlich funktionieren: Museum in der Pandemie? Man macht sich Gedanken, beginnt zu experimentieren und plant die ersten Veranstaltungen und Angebote, die die Zeit der pandemiebedingten geschlossenen Museumspforten überwinden sollen. Die Frage nach dem Danach, dem Jahr 1 nach Corona, bleibt aber noch unbeachtet, drängt sich aber allmählich auf. Abseits der Museumsarbeit macht sich die Pandemie auch bemerkbar. Der Kulturverein in der Heimat, in dem ich trotz der Entfernung weiterhin tätig bin, muss seine Kulturkonferenz absagen. Mein Redemanuskript, das ich hierfür vorbereitet habe, wandert in die Schublade. Der Appell, der darin zum Anklang kommt, erscheint in Zeiten von Kontaktbeschränkungen und Maskenpflicht unpassend: Künstler*innen auf die Straße! Ein Appell, der sich gegen die Entfremdung zwischen Kunstschaffenden und Publikum richtet, Teilhabe fordert, indem die direkte Partizipation befördert wird.

Ein Appell, der sich auch auf den Bereich Museum anwenden lässt. Besucher*innen nicht nur als Gäste und Konsumenten des Hauses verstehen, sondern als aktive Partizipierende. Letztendlich macht die Schaffung von Denk- und Diskussionsräume nur dann Sinn, wenn sich die Institution Museum dabei nicht als letzte Instanz versteht, die sich dennoch vorbehält, festzulegen, was am Ende die Wahrheit ist und was nicht. Es muss ein langfristiges Ziel sein, Besucherinnen eine Möglichkeit zu schaffen, sich direkt an musealen Prozessen zu beteiligen und das sollte  über einen bloßen Fragebogen hinausgehen. Und der Weg dahin, ist im Grunde genauso unspektakulär wie die Zukunft selbst. Ein erster Schritt kann bereits sein, einen Blick hinter die Kulissen zu gewähren: Wer arbeitet im Museum und was machen diese Leute überhaupt den ganzen Tag? Das mag banal klingen, ist aber durchaus nötig, wenn ich daran denke, dass mich immer noch Leute fragen, warum ich montags zur Arbeit ins Museum gehe, wenn es doch montags geschlossen ist.

Corona hat Museen vor die Herausforderung gestellt sich umzuorientieren, neue Methoden anzuwenden und alte Schemata fallen zu lassen. Dies gilt es auch nach der Pandemie beizubehalten. Neues ausprobieren, abseits der Norm. Popkulturelle Ansätze, Partizipation, die über das Knöpfe-drücken hinausgeht. Bietet doch mal eine Führung durch die Verwaltungsräume an. Lasst Besucher*innen einen Ausstellungsraum einrichten. Wartet nicht darauf, dass die Leute zu Euch ins Haus kommen und geht hinaus, geht auf die Straße. Der Rest wird folgen.

(4) Siehe: hier.

Fazit: #thefutureismuseum

Zukunft ist ein großes Wort. Sicher hat keiner eine Glaskugel, um genau zu wissen, wie die Zukunft der vielen, unterschiedlichen kleinen und großen Museen, der gesamten heterogenen Museumslandschaft oder im speziellen unseres Museums aussehen wird. Was wir aber aus der Krise gelernt haben, ist, dass man die Zukunft mitgestalten sollte bzw. als Bildungsinstitution das Morgen mitgestalten muss. Ansonsten braucht man gar keine Diskussion über die Relevanz des Museums führen.

Den Besucher*innen sollten wir nach der Krise, noch mehr als zuvor, einen Denk-Ort bieten, an dem sie in die Vergangenheit eintauchen, aber auch über die Zukunft nachdenken können. Zudem sollten wir ein Kommunikations-Ort sein, der Möglichkeiten des Austausches, der Vernetzung und des Diskurses für verschiedenste Gruppen bieten kann. Vielleicht sollten wir auch ein kreativer und freudiger Ort sein, den man (mit) gestalten kann und an dem Engagement und Spaß gelebt wird. Schließlich und vielleicht am wichtigsten sollten wir auch immer ein Museum sein und in unserem konkreten Fall ein Programm bieten, das anhand von Exponaten unserer Sammlungen bzw. aus dem Mediengeschichte aufzeigt, wie die Zukunft der Kommunikation aussehen kann. Anhand unserer kuratorischen und vermittelnden Arbeit – ob im analogen oder digitalen – können wir Geschichte(n) erzählen, aber auch Visionen bieten. Beispielsweise, wie wir in 2030 kommunizieren und was das für unsere Gesellschaft bedeutet. Solche spannende Fragen für die Zukunft des Museums für Kommunikation versuchen wir an allen Standorten mit unseren Dauer- und Wechselausstellungen zu beantworten. Wer Lust auf einen virtuellen Ausflug „zurück in die Zukunft hat“ und wie Technikvisionen der Vergangenheit aussehen können, schaut mal bei der aktuellen Ausstellung „Back to Future in unserem Frankfurter Schwestermuseum vorbei.

Gerne werden wir neben allen Visionen versuchen, den Besucher*innen heute und „in Zukunft“ vor allem auch Freude am Museum zu vermitteln, indem wir – analog und digital – das bestmögliche Programm bieten. Den Rest können und wollen wir nicht bestimmen, sondern, um es mit Johann Wolfgang Goethe zu sagen: „Man muss auch der Zukunft etwas überlassen…“. Bis dahin machen wir einfach unsere (Museums-)Arbeit.

 

 

 

Zum Abschied: Impressionen der Fahrt mit der Museumspostkutsche durch die Nürnberger Altsstadt.

Autor*innen: A. Hornung mit C. Bihn, V. Losse & E. Schneider, 11.02.2021

 

Filmtipps für Zuhause! – Die Science-Fiction Klassiker von Andrei Tarkovsky

Filmtipps für Zuhause! – Die Science-Fiction Klassiker von Andrei Tarkovsky

Back to Future_Autonomes Fahren_Futurama

#stayathome und #bleibtgesund sind auch 2021 wichtige Ansagen, um die Ausbreitung der Covid-19-Pandemie einzudämmen. Leider geht damit auch die Schließung von Museen, Kinos und anderen kulturellen Einrichtungen einher und man findet sich daher viel öfter auf der heimischen Couch wieder, als es vor den Zeiten der Pandemie womöglich der Fall war.

Um die Zeit bis zur Wiedereröffnung zu verkürzen heute hier an dieser Stelle Filmtipps für euer Zuhause!

Im November letzten Jahres wurde unsere neue Sonderausstellung „Back to Future. Technikvisionen zwischen Fiktion und Realität“ eröffnet, leider nur im virtuellen Museum via Livestream. Den kuratierten Rundgang durch die Ausstellung könnt ihr bei Youtube weiterhin ansehen.

Die Ausstellung, die sich mit den Zukunftsvisionen kreativer Vordenker*innen beschäftigt lädt ebenso dazu ein, dem Thema Science-Fiction auch zuhause nachzuspüren, daher hier zwei absolute Filmklassiker des russischen Regisseurs Andrei Tarkovsky, die auf Youtube von der russischen Filmgesellschaft Mosfilm auf deren Youtube-Kanal frei zugänglich gemacht wurden: Solaris (1972) und Stalker (1978/79). Zeitlose Visionen! Philosophische Betrachtungen! Großartiges Kino!

ACHTUNG Hinweis: Die von MOSFILM frei zugänglich gemachten Filme werden nicht abgespielt, wenn diese eingebettet sind. Drückt auf “Play”und danach “Auf Youtube ansehen”

SOLARIS
(UdSSR, Regie: Andrei Tarkovsky, 1972, FSK 12)

Ein Psychologe wird zum Planeten Solaris geschickt, um unerklärlichen Vorkommnissen auf der dortigen Forschungsstation nachzuspüren. Die Konfrontation mit einer absolut fremden Lebensform (der gesamte Planet spiegelt als kollektives Bewußtsein die Erinnerungen, Ängste und Wünsche der Raumfahrer zurück) wird für die Besatzung des Raumschiffs zur metaphysischen Reise in die Innenwelt ihrer eigenen Kultur. Nach dem Science-Fiction-Roman von Stanislaw Lem erzählt Andrej Tarkowskij eine philosophische Fabel, die um die abendländischen Ideen von Tod, Liebe und Auferstehung kreist. Ein brillant inszenierter, äußerst reicher und vielschichtiger Film, der, im Gewand einer technischen Utopie, die Hybris traditionellen Fortschrittsglaubens in Frage stellt. 

(Quelle: Lexikon des internationalen Films: https://www.filmdienst.de/film/details/40086/solaris-1972)

STALKER
(UdSSR, Regie: Andrei Tarkovsky, 1978/79)

Unter der Führung des “Stalkers”, eines Pfadfinders und Ortskundigen, der am Rande der Welt in einer vom Verfall gezeichneten Industrielandschaft lebt, begeben sich ein Wissenschaftler und ein Schriftsteller in die mysteriöse “Zone”, wo es angeblich einen Ort geben soll, an dem die geheimsten Wünsche in Erfüllung gehen. Die Expedition wird zur Reise in die Innenwelt der Protagonisten und zum Panorama einer gottverlassenen europäischen Zivilisation. Ähnlich wie in “Solaris” benutzt Tarkowskij eine Science-Fiction-Vorlage als Hintergrund für mystisch-philosophische Reflexionen und überwältigende Bildvisionen, mit denen er die Grenzen des herkömmlichen Erzählkinos poetisch überschreitet. Die eigenwillige Ästhetik seiner Filmsprache, die sich jedem oberflächlichen Realismus verweigerte, nötigte Tarkowskij 1982 zur Emigration aus der Sowjetunion. Er starb am 29.12.1986 in Paris. Sein letzter Film war “Das Opfer”.

(Quelle: Lexikon des internationalen Films: https://www.filmdienst.de/film/details/45171/stalker)

 

Autor: Daniel Voigt 05.02.2021