Stay at Home-Podcasttipps: #Museen

Stay at Home-Podcasttipps: #Museen

Für viele Menschen gilt weiterhin: Stay at Home – Bleibt zuhause! Räumliche Distanzierung muss aber nicht soziale Distanzierung bedeuten. Es gibt viele Medienformate, die es uns ermöglichen, uns auszutauschen, voneinander zu Lernen und Geschichten zu erzählen. “Schon jetzt gibt es Enkel, die ihren Großeltern einen Podcast aufnehmen, damit sie nicht einsam sind” erklärte Angela Merkel in ihrer Fernsehansprache zum Stand der COVID-19-Maßnahmen der Bundesregierung. Mit “Stay at Home-Podcasttipps” stellen wir regelmässig Podcasts zu Themen der Digitalisierung vor. Da es mittlerweile immer mehr Lockerungen und Öffnungen gibt – auch bei den Museen – stellen wir diese Woche ausnahmsweise Museums- und Kulturpodcasts vor.

 

Museums- und Kulturpodcasts

Bei der Wahl der Themen haben wir uns bisher an den Episoden unseres Leben X.0-Podcast zum Digitalen Wandel orientiert, den wir als Museum für Kommunikation seit letzten Sommer veröffentlichen. Den Ansatz, Themen des Hauses in dem Podcastformat zu verhandeln, sei “museale Vermittlung auch außerhalb eines Besuchs vor Ort”, so Matthias Stier in dem Text “Warum jedes Museum einen eigenen Podcast braucht. In der Nische ist noch Platz”, Anfang 2020 auf Kulturmanagement.net veröffentlicht.

In einem Webinar gibt er zudem Tipps zum Start eines Kulturpodcasts. In Deutschland sei “in der Nische noch Platz”. Matthias Stier, selbst privat Podcaster beim Podcast “Museumsbug”, verweist im Text auch auf weitere Podcasts, in die man hineinhören kann. Und genau das machen auch wir heute mit unseren Stay at Home-Podcasttipps! Auch wenn es sich bisher bei Museums- und Kulturpodcasts um eine “Nische in der Nische” handelt, passiert hier doch einiges.

So lässt die erste Podcastepisode “On Air” auf der Webseite des Stadtmuseum München hoffen, dass dort in Zukunft mehr kommen mag. Die Stiftung Haus der Geschichte in Bonn hat für Mai einen neuen Podcast mit 10 Episoden angekündigt: „Zeitgeschichte(n) – Der Museumspodcast“. Und auch wir planen für den Internationalen Museumstag am 17. Mai ein Podcast-Special. Doch zunächst einmal kommen heute ein paar Hörtipps zum Thema Museum und Kultur:

 

Museumbug

Im museumbug-Podcast sprechen Martha, Jörg und Matthias – beruflich Museumsakteure – privat über (Berliner) Museen und Ausstellungen. Meistens besuchen sie  Berliner Museen und unterhalten sich über den Besuch, nebenbei gibt es allerhand Trivia zu aktuellen Dingen, die die drei Podcastenden gemacht oder bemerkt haben. Die Episode 13 fällt aus dem Muster heraus, da hier Corona mit #closedbutopen zum Thema wird. Da die Museen geschlossen waren, geht es in dieser Episode um digitale Museumsangebote, die in gewohnter Manier besprochen werden. Ein locker plaudernder Gesprächspodcast zu Museen: https://museumbug.net/

KMM-Podcast „Wie geht´s? Kultur in Zeiten von Corona“

Einen ganzen Podcast widmet Martin Zierold, Professor am Institut für Kultur- und Medienmanagement an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg, Kultur in Zeiten von Corona. Er unterhält sich in den erste Episoden mit Kulturmanger*innen aus ganz unterschiedlichen Sparten – vom Museum über Bibliotheken bis zum Theater. Er blickt aber auch über die Landesgrenzen hinaus oder spricht mit Wissenschaftler*innen, die die aktuellen Prozesse soziologisch oder kulturpolitisch einordnen. Über 38 Episoden gibt es mittlerweile von Wie gehts – Kultur in Zeiten des Corona-Virus

Städelmuseum: Finding van Gogh

Wann immer es um Museumspodcasts geht, um “Finding van Gogh” kommt man seit Ende 2019 nicht mehr herum. Auch wenn die Ausstellung im Städelmuseum längst beendet ist, gerade ganz aktuell wurde der Podcast für den “Grimme Online Award” in der Kategorie Kultur und Unterhaltung nominiert. Mit dem Journalisten Johannes Nichelmann gehen wir Hörenden auf Spurensuche nach einem verschollenen Gemälde von van Gogh. Bemerkenswert ist, dass der Podcast gleich schon zweisprachig produziert wurde. Das abgeschlossene True Crime-Format ist für deutschsprachige Museen zudem eine Premiere. Zu hören unter https://www.staedelmuseum.de/de/podcast-finding-van-gogh

 
Weitere Museums- und Kulturpodcasts:

Zum Füllen Eurer Podcast-Vorräte habe ich bei der Podcast-Suchmaschine FYYD eine Sammlung erstellt und zudem hier eine Linkliste mit Kultur- und Museumspodcasts zusammengetragen. Bei Fyyd kann man thematisch nach weiteren Podcasts suchen, wer genau schaut, findet dort eine detaillierte Suchfunktion, die man nach Sprache, Episodenlänge und Erscheinugszeitraum verfeinern kann.

Von #stayathome zu #keepyourdistance

In Hessen dürfen seit dem 5. Mai Museen wieder öffnen. Durch die Anpassung von Hands-on-Stationen, die das Museum für Kommunikation prägen, öffnet das Haus erst am 12. Mai 2020 mit geänderten Corona-Öffnungszeiten (von Dienstag bis Sonntag 11-18 Uhr). Somit ändert sich der Zusatand von #closedbutopen zu #openMuseum. Wir weisen gerne weiterhin darauf hin, dass #stayathome keine schlechte Idee war und ist. Bei Besuchen in Museen und in Kultureinrichtungen, bleibt Abstand und Umsicht das beste Mittel, um gesund durch den Sommer zu kommen.

 

Tine Nowak, 10. Mai 2020

Zur Zusammenarbeit von Schule und Museum

Zur Zusammenarbeit von Schule und Museum

Auch in der aktuellen Situation denkt, entwickelt und diskutiert die Abteilung Bildung und Vermittlung schon bestehende oder neue Kooperationsmöglichkeiten mit Schulen. Doch warum ist das eigentlich so wichtig?

Die große Gemeinsamkeit von Schulen und Museen ist der Bildungsauftrag. Der Nutzen von außerschulischen Bildungsangeboten bekommt seit Jahren einen immer höheren Stellenwert zugeschrieben. Und das zu recht! Seit 2012 besteht das Kooperationsprojekt mit der Integrierten Gesamtschule (IGS) Nordend in Frankfurt. Eine Gruppe von Schüler*innen besucht das Museum für Kommunikation über das gesamte Schuljahr hinweg und erarbeitet Videoprojekte gemeinsam mit der Kunst- und Medienpädagogin Jutta Mertens und ihrem Lehrer Necmettin Atasoy

“Das Besondere an dem Projekt ist, dass die Schülerinnen und Schüler tatsächlich selbstständig agieren müssen. D.h. sie müssen Ideen entwickeln, handeln, in dem sie ihr Material organisieren und aktiv auf Menschen zugehen können. Zu guter Letzt müssen sie ihr gefilmtes Material schneiden. Dies erfordert ein hohes Maß an Teamfähigkeit, Ausdauer und Konzentrationsfähigkeit. Die Jugendlichen haben aber auch unglaublich viele Gestaltungsfreiheiten. Diese Art von ‘Freiheit’ – in der Schule gibt es Lehrpläne/Bildungsstandards – kennen sie aus ihrem schulischen Alltag eher seltener.”

Necmettin Atasoy, seit 10 Jahren Lehrer an der IGS-Nordend, seit 2012 betreut er das Projekt

Kreativ und offen für Neues

Seit acht Jahren ist jeden Donnerstagvormittag eine jährlich wechselnde Gruppe bei uns im Seminarraum zu Gast. Jutta Mertens begleitet das Kooperationsprojekt seit Beginn: „Zu verschiedenen Themen – rund um Kommunikation – erarbeiten die Jugendlichen ihre eigenen Filme – vom ersten Essay übers Drehbuch bis hin zu Schnitt. Es erfordert Kreativität, Offenheit, Kooperationsbereitschaft und technisches Know How.” 

Das museumspädagogische Team konnte in den letzten Jahren ganz unterschiedliche Gruppen, Prozesse und Ergebnisse begleiten: Von sehr freien und expressiven Momenten über dokumentarisch emotionale bis hin zu Filmen, die es als Exponat in unsere Sonderausstellungen geschafft haben, war alles dabei.

 

“Wir als Pädagogen haben natürlich unsere Erfahrungen der Vorjahre mitgebracht und weiterentwickelt. Verändert haben sich auch die technischen Voraussetzungen. Zu Beginn haben wir mit großen Kameras des Offenen Kanals gearbeitet. Inzwischen bevorzugen wir I-Pads.”

Jutta Mertens, Kunst- und Medienpädagogin, seit 2012 betreut sie das Projekt

Wie wird das neue Schuljahr geplant? Jutta Mertens beschreibt ihr methodisches Vorgehen: “Zunächst müssen wir natürlich wissen, was es im Museum in einem Schuljahr zu sehen gibt. Die Themen, die wir filmisch bearbeiten sind inspiriert von aktuellen Wechselausstellungen oder auch der aktualisierten Sammlung.

Die Gruppe wird in Teams eingeteilt, die zunächst gemeinsam Ideen entwickeln aus denen später Storyboard und Drehbuch entstehen. Kreative Freiheit wird bei uns groß geschrieben – vom Spielfilm über Interviews bis hin zum Dokumentar- oder Experimentalfilm ist alles möglich.”

Wildes Denken

Nicht nur das inhaltliche „über den Tellerrand schauen“, sondern auch die soft skills werden durch das Projekt gefördert. Das Museum ist ein Raum für wildes und kreatives Denken in dem Fehler erlaubt sind. „Das macht ein Museum so unglaublich wertvoll in Kombination mit dem schulischen Bildungsalltag“, resümiert Necmettin Atasoy. Und dem schließen wir uns an!

Wir freuen uns auf den Abschluss des Projektes Ende Juni und viele weitere, die folgen werden.

Aber jetzt erstmal viel Spaß bei den folgenden Filmen zum Thema Zeit. Wunderbar passend zur aktuellen Situation, in der für viele Menschen die Zeit, deren Beschleunigung und Entschleunigung eine ganz neue Bedeutung bekommen. 

Videoprojekte zum Thema Zeit

Kooperation IGS-Nordend und Museum für Kommunikation

Schüler*innen der Integrierten Gesamtschule Nordend Frankfurt besuchen einen Video-Workshop über das gesamte Schuljahr hinweg im Museum für Kommunikation Frankfurt. Das Projekt regt die Schüler*innen zur Auseinandersetzung mit dem Thema Kommunikation und Video an, ermöglichte ihnen das Kennenlernen des Museums als außerschulischen Lernort und förderte ihre Medien- und Sozialkompetenz.

Text: Fabian Lenczewski, 7. Mai 2020

Ein Frühling voll (Gem-)Einsamkeit

Ein Frühling voll (Gem-)Einsamkeit

Die letzten Wochen haben zahlreiche tiefgreifende Veränderungen für unsere Gesellschaft und unser Privatleben mit sich gebracht. Wer kann, meidet den öffentlichen Raum und zieht sich stattdessen in die eigenen vier Wände oder in den eigenen Garten zurück. Wie kleine Planeten kreisen wir seit Mitte März im eigenen Orbit unseres Zuhauses oder des Einzelbüros. Direkten privaten Kontakt haben wir nur noch mit wenigen Menschen. Und das ausgerechnet in der Jahreszeit, in der sich das Leben normalerweise zunehmend nach draußen verlagert. In der man die ersten lauen Abende in Straßencafés und warme Nachmittage am Badesee verbringt – und in der man so offen für romantische Momente und für neue Begegnungen ist, für die sprichwörtlichen Frühlingsgefühle und Schmetterlinge im Bauch. Wie gestaltet sich eigentlich die Liebe in Zeiten von Corona?

Absence makes the heart grow fonder” – so drückt ein englisches Sprichwort poetisch die Erfahrung aus, dass man manche Dinge erst richtig zu schätzen lernt, wenn man auf sie verzichten muss. In der Corona-Krise müssen wir nun täglich auf vieles verzichten, was wir lange für selbstverständlich erachtet haben. Besonders schmerzlich vermissen wohl die meisten von uns Bewegungsfreiheit – kommen und gehen können, wann oder wohin auch immer man möchte. Gerade für die Liebe ist dieser Aspekt besonders wichtig, sowohl für Menschen in einer festen Beziehung als auch für diejenigen, die auf der Suche nach einem oder einer Partner*in sind.

In Gesellschaft wider Willen

Für Paare kann die durch Social Distancing erzwungene intensivere Bezogenheit auf den jeweils anderen eine wirkliche Herausforderung sein. Wenn beide im Homeoffice arbeiten, teilt man sehr viel mehr vom Alltag als unter normalen Umständen. Da fallen kleine Spleens, die man sonst eher amüsiert ignorieren kann, plötzlich gewaltig auf die Nerven. Die bis zum Rand gefüllte Kaffeetasse, deren Inhalt täglich überschwappt und braune Ringe auf dem neuen Esstisch hinterlässt. Die achtlos auf den Schlafzimmerboden geworfenen Klamotten vom Vortag. Die viel zu hochgedrehte Heizung im Wohnzimmer. Was bisher höchsten Anlass, zu einer neckenden Bemerkung war, wird nun zum Streitpunkt. Dagegen fallen die kleinen liebevollen Gesten, die der Tagesablauf sonst so mit sich bringt, oft weg. Die schnelle aber doch liebevolle Umarmung morgens vor der Arbeit. Die Vorfreude darauf, nach dem stressigen Tag in ein gemütliches Zuhause zurückzukommen, wo der Partner einen im Flur entgegenkommt und einen mit einem Kuss begrüßt. Wenn Gesellschaft alternativlos wird, empfinden wir sie meist irgendwann als anstrengend – selbst, wenn es die Gesellschaft eines geliebten Menschen ist.

Auf der Suche nach Herzklopfen

Die andere Seite der Medaille sind diejenigen, die zur Zeit auf der Suche sind nach der Liebe oder auch einfach nur nach einer leidenschaftlichen Nacht, die das Herz zum Klopfen bringt. Neuen Menschen zu begegnen oder gar diese Begegnungen zu verstetigen, ist im Augenblick sehr viel komplizierter als sonst. Die Dating-App Tinder teilt ihren Nutzer*innen an prominenter Stelle mit:  

Wir wollen natürlich, dass du weiterhin Spaß beim Matchen & Daten hast. Trotzdem ist es uns wichtig, dass deine Gesundheit dabei an erster Stelle steht.

Tinder

Dazu schicken die Betreiber auch einen kleinen Hygiene-Guide zu. Darüber hinaus enthält man sich aber dezidierter Anweisungen und appelliert stattdessen an die Eigenverantwortlichkeit der Nutzer*innen. Die meisten nehmen diese Verantwortung für sich und potentielle Partner*innen sicher auch ernst und verzichten auf reale Treffen. Verstärkt genutzt werden auf diversen Datings-Apps in den letzten Wochen allerdings die Chat-, Anruf- und Video-Funktionen. Tägliche virtuelle Dates anstelle des ersten Tapas-&-Vino-Dinners im kleinen Lieblingsrestaurant um die Ecke? Auch ein Chatverlauf kann das Herz zum Klopfen bringen, keine Frage – aber den Zauber der Berührung, den viele gerade jetzt in Zeiten der Isolation schmerzlich vermissen, kann dieses Kribbeln nicht ersetzen.

Die Liebe hat es in Zeiten von Corona nicht leicht. Sowohl Paare als auch Singles müssen sich in Geduld üben – miteinander oder mit sich selbst, wenn das Gefühl der Einsamkeit zuschlägt. Diese Zeit macht uns aber auch bewusst, wie wertvoll manche Dinge sind, die wir häufig für selbstverständlich erachten: Die vielen Freiheiten, die wir normalerweise genießen – und ja, natürlich auch die Gesellschaft des Partners, der einen jetzt in Momenten der Unsicherheit in den Arm nimmt. An diese Momente können wir denken, wenn die Kaffeetasse am nächsten Tag mal wieder einen Ring hinterlassen hat. Und dann vielleicht – statt genervt die Augen zu rollen – ein Post-It mit dem Satz darüber zu kleben: „Zusammen schaffen wir das!“ 

Nächster Debatten-Dienstag

Wenn euch das Thema Online-Dating & Corona interessiert und beschäftigt, dann schaut gerne beim nächsten digitalen Debatten-Dienstag mit dem Titel „Match, Swipe, Like – von Dating & Daten“ am 25.05.2020 vorbei! Der Debatten-Dienstag wird per Livestream übertragen. Nähere Infos findet Ihr unter der Rubrik Veranstaltungen.

Text: Anjuli Spieker, 6. Mai 2020

Vor vierzig Jahren – Einführung einer rollstuhlgerechten Telefonzelle

Vor vierzig Jahren – Einführung einer rollstuhlgerechten Telefonzelle

Heute ist der Europäische Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung. Auch der diesjährige internationale Museumstag (17. Mai) hatte Inklusion als zentrales Thema, durch Corona hat sich das Thema zu “Museen digital entdecken” verändert. Zum #DepotDienstag nimmt uns die Kustodin Lioba Nägele auf Spurensuche im Archiv und der Sammlung mit. Sie erzählt uns die Geschichte des ersten rollstuhlgerechten Telefonhäuschens, welche sie vorab schon recherchiert hatte.

 

Zugang für alle!?
Lioba Nägele

Kustodin für den Sammlungsbereich Nachrichtentechnik

Offen für alle – dafür standen sie auf Straßen und Plätzen. Telefonhäuschen sollten allen den Zugang zum Telefonnetz ermöglichen, konnten diesen Anspruch aber oft nur bedingt erfüllen. Unerreichbar waren die öffentlichen Münzfernsprecher in den Fernsprechhäuschen insbesondere für Rollstuhlfahrer*innen, denn die schmale Eingangstür und die Bodenschwelle waren für sie unüberwindbare Hindernisse.
Jubiläum
Ein neues Telefonhäuschen sollte Abhilfe schaffen und im Mai 1980, vor genau 40 Jahren, stellte die Deutsche Bundepost das erste rollstuhlgerechte Exemplar vor. Allein durch seine imposante Größe zog das neue gelbe Telefonhäuschen die Blicke auf sich.

Vorausgegangen war 1978 ein öffentlicher Wettbewerb um die Entwicklung eines für Rollstuhlfahrer*innen geeigneten Fernsprechhäuschens. Die zuständigen Stellen der Deutschen Bundespost und von Behindertenverbänden hatten Wünsche und Anforderungen formuliert, aber erst der Praxistest konnte zeigen, ob die neuen Telefonzellen die in sie gesetzten Erwartungen auch erfüllen konnten. Das Pilotprojekt mit einer Kleinserie von elf Stück begann in der zweiten Maiwoche 1980 und in elf deutschen Städten, verteilt über die verschiedenen Oberpostdirektionen, wurde je eines der 2x 2 m großen Telefonhäuschen aufgestellt.

Testphase
Um die Nutzer*innen selbst zu Wort kommen zu lassen, wurde eine Befragung mittels Postkarten eingeplant, die in allen elf Telefonhäuschen auslagen. Die Planung sah 5.000 Postkarten für jedes Häuschen vor – wie viele tatsächlich ausgefüllt und ausgewertet wurden, ist leider den überlieferten Unterlagen nicht zu entnehmen.
Nach Abschluss des zehnmonatigen Feldversuchs und einer Überarbeitung der bei den Prototypen festgestellten Schwachstellen kündigte das Fernmeldetechnische Zentralamt im Januar 1982 an, dass 600 Stück beauftragt und ab Frühjahr 1983 ausgeliefert werden sollen.

R wie Rollstuhl

Wie das Standard-Telefonhäuschen FeH 78 besteht das FeH R (das R in der Modellbezeichnung steht für Rollstuhlbenutzer*in) aus Kunststoffteilen, hat aber eine sechseckige Grundfläche von 180 x 180 cm und eine breite, von innen und außen elektrisch zu öffnende Tür. Auch die Anbringung des Münztelefons und die Halterungen für die Telefonbücher sind auf die besonderen Bedürfnisse von Rollstuhlfahrer*innen ausgerichtet.

Ob es die hohen Kosten, die mancherorts beklagte Zweckentfremdung mit entsprechenden Benutzungsspuren oder andere Unzulänglichkeiten waren – das FeH R konnte nie ganz einlösen, was es bei der Präsentation vor vierzig Jahren versprochen hatte.

 

Text: Lioba Nägele, 5. Mai 2020

 

 

Raumschiff Wohnzimmer

Raumschiff Wohnzimmer

Eigentlich wollten wir am 7. Mai die Ausstellung „Raumschiff Wohnzimmer. Die Mondlandung als Medienereignis“ eröffnen, nun öffnen wir am 12. Mai nach der Corona-Pause erst einmal die Museumstüren. Der Start von “Raumschiff Wohnzimmer”  verschiebt sich auf den 26. Juni. Somit kann man die Geheimnisse der Ausstellung „Das Geheimnis. Ein gesellschaftliches Phänomen“, die acht Woche nicht zu sehen war, nachdem sich am 14. März die Museumstüren schlossen, noch bis zum 7. Juni erkunden.

 

Die Eta-Aquariiden

Im Wonnemonat Mai, und heute Abend ganz besonders, lohnt es sich, den Blick gen Mond in den nachtschwarzen Himmel zu richten: Der Sternschnuppenschauer der Eta-Aquariiden ist jedes Jahr im Frühjahr aktiv, in 2020 zwischen dem 19. April und dem 28. Mai. Seinen Höhepunkt erreicht der Sternschnuppenschwarm in der Nacht vom 5. auf den 6. Mai. Bis zu 50 Sternschnuppen pro Stunde können zu sehen sein, wenn das Wetter mitspielt! Wenn ihr herausfinden wollt, wie die Sicht heute Nacht über Eurer Stadt ist, könnt ihr hier nachschauen: https://www.timeanddate.de/astronomie/sternschnuppe/eta-aquariiden

In der Zeit der Eta-Aquariiden kreuzt die Erde die Umlaufbahn des Halleyschen Kometen. Seine Bruchstücke verbrennen dabei in der Erdatmosphäre und die Meteorströme irrlichtern über den tiefschwarzen Nachthimmel. Die Quelle für die Sternschnuppen befindet sich in dem Sternbild Wassermann, daher heißen sie „Eta Aquarii“.

Karte anlässlich der sowjetischen Mondsonde Luna 2, die am 13.9.2019 als erster künstlicher Flugkörper auf dem Mond einschlug mit dem Modell der Mondsonde. Leihgaben: Hermann-Oberth-Raumfahrt-Museum (Foto: © MSPT, Mile Cindric)

 
Peterchens Mondfahrt

In meiner Fantasie sitzt droben am Himmel ein triefnasser, türkisschillernder Geselle mit glubschigen Froschaugen und macht Frühjahrsputz. Vielleicht schnippt er die Schnuppen wie Glühwürmchen aus seinem Netz. Vor meinem inneren Auge ziehen Bilder wie aus dem Kinderbuch „Peterchens Mondfahrt“ auf, das ich immer mit meiner Großmutter anschauen wollte, wenn ich bei ihr übernachten durfte. Das Märchenspiel von Anneliese und Peterchen wurde 1912 uraufgeführt.

Die Kinder unternehmen eine abenteuerliche Reise und fliegen mit dem Maikäfer Sumsemann auf den Mond, um sein Beinchen zu retten. Als Buch ist das Märchen von Gerdt von Bassewitz mit Illustrationen von Hans Baluschek erschienen. Besonders faszinierend war, wie die Kinder in Begleitung des Sandmanns auf dem Großen Bären über den nächtlichen Himmel zum Mond reiten und mit der Mondkanone auf den Mondberg geschossen werden. Dort lebt der böse Mondmann, der überwältigt werden muss, um das verlorene Maikäferbein zu retten.

Illustration von Hans Bartuschek in „Peterchens Mondfahrt“ von 1915 (PD-US, Wikimedia).

 
Raktenrummel

Auch wenn das Märchen völlig ohne Sinn für technische Entwicklungen auskommt und seine zauberhafte Wirkung ohne naturwissenschaftliche Erkenntnisse entfaltet, knüpft es an einen lange von Menschen gehegten Traum an und nimmt einen Trend vorweg. In den 1920er Jahren gab es einen wahren Raktenrummel. Angeregt durch ein gut verständliches Buch des Physikers Hermann Oberth und Fritz Langs Film „Frau im Mond“ ist die Raumfahrt sehr populär.

Es sollte noch fast 40 Jahre dauern, bis der Menschheitstraum Wirklichkeit wurde. In der Nacht vom 20. auf den 21. Juli 1969 landeten Neil Armstrong und Buzz Aldrin mit der Mondrakete Apollo 11 auf dem Mond. Bis zu 600 Millionen Menschen auf der Erde sahen live im Fernsehen dabei zu, weitere hunderte Millionen verfolgten die Mission im Radio. Damit ist die erste bemannte Mondlandung bis heute eines der größten Medienereignisse der Geschichte. Wie es dazu kommen konnte, zeigt unsere Ausstellung. Historische Erfindungen wie das Teleskop, die Forschungen unzähliger Wissenschaftler, darunter Johannes Keppler, aber auch Märchen und Fantasien wie von Jules Verne und Gerdt von Bassewitz sind wichtige Voraussetzungen dafür. Die Mondlandung als Ereignis von menschheitsgeschichtlicher Tragweite ist jedoch nicht ohne den Aufstieg des Fernsehens in den 1950er und 1960er Jahren denkbar. Michael Collins, der an Bord geblieben war, hat gewitzelt: „Ich bin der einzige Amerikaner, der nichts von der Mondlandung gesehen hat, weil es keinen Fernseher in der Columbia gibt.“

(Foto: © MSPT, Mile Cindric)

 

Der Menschheitstraum von der Reise zum Mond konnte darüber zum Austragungsort für den politischen Wettbewerb, das Space Race, zwischen Sowjet Union und USA werden. Darüber und wie global das Medienereignis Mondlandung wirklich war, ist in der Ausstellung mehr zu erfahren. U.a. ist das Exponat “Space Travel Guide von 1958” zu sehen. Angezeigt werden die Entfernung und die Reisezeit zu verschiedenen Planeten – eine Leihgabe des Hermann-Oberth-Raumfahrt-Museum.

 

AstroRara

Um die Wartezeit bis zur Eröffnung zu verkürzen empfehlen wir Euch neben dem Blick in nächtlichen Himmel „AstroRara“ und das Webspecial des Hessischen Rundfunks. Die App veranschaulicht, wie alte und seltene in Drucken dargestellte Abbildungen und Instrumente von Himmelsereignissen genutzt wurden. Werke der Astronomen Peter Apian (1495-1552), Christoph Schreiner (1575-1650) und Johannes Hevelius (1611-1687) können interaktiv entdeckt werden. Zu unserem Thema passen besonders gut die Ansichten der Mondphasen. Im Webspecial von Klaudija Schnödewind wird die Apollo Mission nacherzählt, mit tollen Tonbeispielen und Bildern von der Mondlandung.

„Ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer Sprung für die Menschheit.“ Neil Armstrong

  Text: Corinna Engel, 4. Mai 2020