Stay at Home-Podcasttipps: #MachineLearning

Stay at Home-Podcasttipps: #MachineLearning

Für viele Menschen gilt derzeit: Stay at Home – Bleibt zuhause! Räumliche Distanzierung muss aber nicht soziale Distanzierung bedeuten. Es gibt viele Medienformate, die es uns ermöglichen, uns auszutauschen, voneinander zu Lernen und Geschichten zu erzählen. “Schon jetzt gibt es Enkel, die ihren Großeltern einen Podcast aufnehmen, damit sie nicht einsam sind” erklärte Angela Merkel in ihrer Fernsehansprache zum Stand der COVID-19-Maßnahmen der Bundesregierung. Mit “Stay at Home-Podcasttipps” stellen wir regelmässig Podcasts zu Themen der Digitalisierung vor.

Machine Learning

Bei der Wahl der Themen orientieren wir uns zunächst an den Episoden unseres Erklärpodcasts zum Digitalen Wandel. Der Leben X.0-Podcast ist im Sommer 2019 gestartet und erklärt Schlagwörter der Digitalisierung. Zu dem jeweiligen Themenfeld existieren natürlich viele weitere Podcast-Episoden anderer Podcastproduzent*innen, mit denen man ebenso seinem Horizont erweitern kann. Wir stellen einzelne Episoden zu Machine Learning vor.

 

Leben X.0-Erklärpodcast zum digitalen Wandel

Der Leben X.0-Podcast ist Teil unseres Dialogprojekts “Leben & Lernen X.0”, in dem im Dialog mit der Bürgerschaft Fragen zur Zukunft der Bildung, Abeit und Demokratie verhandelt werden. Episode 6 fragt: Was ist Maschinelles Lernen? Als Co-Moderatorin ist dieses Mal Anne-Marie Bernhard dabei, sie arbeitet im Archiv und in der Bibliothek des Museums für Kommunikation Frankfurt. Nach einem Blick in die Wikipedia entfalten drei Expert*innen den Begriff des Machine Learnings aus unterschiedlichen Blickrichtungen: Gudrun Thäter (Mathematikerin, KIT), Dirk Primbs (Developer Relations, Google) und Ralf Stockmann (Innovationsmanagement, Staatsbibliothek zu Berlin) führen in Maschinelles Lernen und Mustererkennung ein und skizzieren spezifische Anwendungungsgebiete.

Das Interview. Mit Philip Banse Wenn Maschinen entscheiden (Medienradio)

Philipp Banse ist Rundfunkjournalist und zugleich Podcaster der ersten Stunde. Das Medienradio gibt es schon seit 2009, auch wenn die Reihe – wie auch in dieser Episode – als “Das Interview mit Philipp Banse” gelabelt ist. Er trifft hier auf Dr. Sandra Wachter, die als Research Fellow für Datenethik, Künstliche Intelligenz, Robotik und Internetregulierung am Oxford Internet Institute der University of Oxford arbeitet. Mit ihr unterhält er sich u.a. über Kontrolle maschinengestützter Entscheidungen.

Modellansatz Machine Learning – Maschinelles Lernen

Der Modellansatz war der erste Wissenschaftspodcast am KIT. Gudrun Thäter und Sebastian Ritterbusch beweisen, dass sich rund um das Mathematik viel erzählen lässt. In Episode 232 unterhält sich Gufdrun Thäter sodann mit Sebastian Lerch vom Institut für Stochastik der KIT-Fakultät für Mathematik. Vom Lehrangebot am KIT über Deep Learning bis zu neuronalen Netzen zieht sich das Gespäch der zwei Wissenschaftler*innen im Spannungsfeld von Forschung und Lehre.

Nachgefragt Wissen: Deep Learning

Philipp Gräbel ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter an RWTH Aachen und arbeitet dort zu den Möglichkeiten der automatisierten Erkennung, Klassifizierung und Zählung von Blutzellen im Knochenmark zur Leukämie-Diagnose. Im Nachgefragt-Podcast erläutertert er zunächst Deep Learning in Abgrenzung zu Machine Learning und schildert in Folge verschiedene Anwendungsarten und -gebiete, zum einem im Kontext von Überwachung, aber auch in seinem Forschungsschwerpunkt der Medizin.

Mann am Detektor, 1920er, Foto: MSPT

Weitere Podcasts zu Machine Learning:

Zum Füllen Eurer Podcast-Vorräte habe ich bei der Podcast-Suchmaschine FYYD eine Kuration erstellt und zudem hier eine Linkliste mit Episoden zum Thema Machine Learning zusammengetragen. Bei Fyyd kann man thematisch nach weiteren Podcasts suchen, wer genau schaut, findet dort eine detaillierte Suchfunktion, die man nach Sprache, Episodenlänge und Erscheinugszeitraum verfeinern kann.

 

Autorin: Tine Nowak
19. April 2020

 

Der Weltamateurfunktag – Die Rolle des Funkens heute

Der Weltamateurfunktag – Die Rolle des Funkens heute

Heute findet – wie jedes Jahr am 18.4. – der Weltamateurfunktag der International Amateur Radio Union statt, da diese heute vor genau 95 Jahren in Paris gegründet wurde. Auch auf dem Dach des Museums für Kommunikation in Frankfurt befindet sich eine Amateurfunkstation. Diese bieten normalerweise reichlich Möglichkeiten zum Erkunden und Besichtigen von historischen Geräten – und manchmal sogar die Möglichkeit, beim Funken dabei zu sein. Da dies aufgrund der aktuellen Situation vorerst nicht möglich ist, bringen wir Euch das Funken auf eine andere Weise näher: Anlässlich des Jubiläums habe ich Karl-Heinz Wolf, Mitglied des Deutschen Amateur-Radio-Clubs (DARC), ein paar Fragen gestellt.

Funken als Hobby

Die Funktechnologie entstand Ende des 19. Jahrhunderts und schon in den frühen 1900er Jahren gab es eine Funkpflicht für Schiffe. Durch den zunehmenden Datenverkehr erfolgte dann die Unterteilung in den offiziellen und den privaten bzw. den Amateurfunk, der erstmals auch Experimentalstationen ermöglichte.

Heute zählt der DARC etwa 33.000 Mitglieder, die das Hobby in ihrer Freizeit betreiben. Kommunikation mit Schwellenländern ohne Internet und die Förderung des technisch-wissenschaftlichen Nachwuchses sind nur einige der Ziele, welche die Amateurfunker verfolgen.

Im Gespräch mit Karl-Heinz Wolf, Mitglied des DARC

Man kennt Funkverbindungen ja bereits durch den Seefunk oder den Flugfunk. Der „Amateurfunk“ ist jedoch nicht weniger wichtig. Was würden Sie sagen, macht seine besondere Rolle aus?

Der Amateurfunkdienst ist genauso ein Dienst wie der Seefunk, Polizeifunk, Flugfunk und so weiter. Man braucht dafür eine offizielle Zulassung der Telekommunikationsbehörde. Der große Unterschied ist, dass alle anderen genannten Dienste kommerziell sind. Dabei bezahlt man Gebühren, wie in etwa bei dem Handyvertrag, und hat Anspruch auf eine gewisse Funkqualität und Verfügbarkeit. Die Gebühren des Amateurfunkdienstes sind weitaus geringer und wir haben die Möglichkeit, auch selbstgebaute Geräte in Betrieb zu nehmen.

Mit dem kleinen Sender der Funkstation auf dem Dach des Museums kann man zum Beispiel durch ganz Europa, mit den richtigen Bedingungen sogar durch die ganze Welt, funken. Jedoch sind diese Verbindungen, im Gegensatz zu den kommerziellen Diensten, nicht garantiert. Deshalb sagen wir „Amateurfunk“: Nicht, weil wir amateurtechnische Geräte verwenden, sondern weil man eben nicht für eine bestimmte Dienstleistung bezahlt. Aus diesem Grund senden wir auch kein „SOS“, „panic“ oder „mayday“.

Trotzdem ist es doch richtig, dass der Amateurfunk für Notfall- oder Katastrophenhilfe eingesetzt wird, oder?

Das ist richtig. Das Thema Not-Funk ist dafür gedacht, wenn Kommunikationsnetze ausfallen. Das heißt jedoch nicht, dass wir diese Kommunikation übernehmen, sondern vielmehr unterstützen. Die eingesetzten Hilfskräfte bei Katastrophen haben meist keine Zeit, minimale Nachrichten von Menschen an Angehörige zu übermitteln. Wir können dann mit jemandem auf der Welt Kontakt aufnehmen, der in der Lage ist, diese Nachricht an den jeweiligen Empfänger weiterzuleiten. Da gibt es dann mehrere Möglichkeiten. Entweder Analogfunk oder Digitalfunk, die Bandbreite ist wirklich unendlich groß.

Viele dieser Arten von Funk kann im Museum für Kommunikation besichtigen. Könnten Sie einmal grob die Unterschiede und Anwendungsgebiete von Morse, Sprech-, Bild- und Satelitenfunk skizzieren?

Morse ist eine der ersten Digitalfunkarten. Der sog. „Morsecode“ besteht aus drei Informationselementen, welche das komplette Alphabet abdecken. Eingesetzt wird das, um mit geringen Leistungen möglichst weit kommunizieren zu können. Damit kann ich mithilfe von Abkürzungen, auch ohne lokale Sprachkenntnisse, international Nachrichten übertragen.

Bei Sprechfunk ist es ganz klar. Dazu gehört auch die Telefonie. Dazu braucht man aber eine gewisse Bandbreite und es ist erheblich mehr Leistung notwendig. Der Satelitenfunk hingegen hat von Haus aus schon Radioqualität, funktioniert jedoch dementsprechend nur regional.

Dann gibt es natürlich noch eine Übertragung, die nennt sich „hamnet“. Das steht für „highspeed amateur multimedia network“. Das ist ein wireless LAN, welches wir auch gerne im Museum zeigen. Dabei geht durch das Multimedia Netzwerk eigentlich alles: von Sprache bis hin zu Video und dem klassischen Internet.

Man merkt, das Hobby des Amateurfunks ist ein wahnsinnig weites Spektrum. Eigentlich ist die Technik dabei nur das Mittel zum Zwecke der Völkerverständigung. Das Kennenlernen von Kulturen und anderen Menschen steht dabei im Vordergrund. Ich kenne keinen Funkamateur, der sich nur in seinem Kämmerchen vergräbt und nicht offen zu Menschen spricht. Wir sind unabhängig von allen Nationalitäten, Geschlecht, politischen Gedanken, religiösen Sichtweisen oder körperlicher Unversehrtheit. Außerdem darf bei Funken jeder mithören und den Unterhaltungen folgen – auch ohne Lizenz.

Wir leben einer Welt, die durch das Internet und die Digitalisierung geprägt ist. Dieses Thema beleuchtet auch unsere neue Ausstellung #neuland. Warum ist es trotzdem noch so wichtig, dass der Nachwuchs des Amateurfunks gefördert wird?

Wir beim Amateurfunk haben zwangsläufig eine Öffentlichkeit, weil wir keine verschlüsselten Verbindungen wie beim Mobilfunk besitzen. Diese Öffentlichkeit zwingt uns dazu, und das ist auch vernünftig aus meiner Sicht, völlig offen zu kommunizieren, höflich zu bleiben und sofort das Gegenüber zu respektieren. Überträgt man das auf das alltägliche Leben, so lebt man automatisch völlig vorurteilsfrei und miteinander. Offene und direkte Kommunikation – das ist für mich der Schlüssel zu einem vernünftigen Zusammenleben.

Die Förderung des Nachwuchses ist also vor allem wegen der Weitergabe dieser Werte wichtig. Zur Förderung machen wir viele Kurse, bei denen man die Lizenz zum Funken erwerben kann und mit der Technik vertraut wird. Das ist immer spannend für Jugendliche. Mit der Lizenz kann man selbstständig tätig sein und mit den über 2,5 Mio. Funkamateure weltweit kommunizieren. Dabei geht es vielmehr um die Community als um die Technologie. Wir haben heutzutage so viele unterschiedliche Kanäle, da muss man aufpassen, dass man sich nicht verzettelt.

Auch im Museum machen wir zur Nachwuchsförderung u.a. den „Kids Day“. Dort können nicht nur Kinder, sondern auch jung gebliebene Erwachsene unter Aufsicht auch ohne Lizenz selbst funken. Wir sind immer gerne bereit, das Funken zu erläutern. Wir haben auch ein paar kleine Mobilfunkgeräte da, die jeder mal ausprobieren kann. Das sind prinzipiell diese Walkie-Talkies, die man in Kaufhäusern erwerben kann. Das ist auch eine ganz vernünftige Geschichte, wenn man unter naheliegenden Freunden kommunizieren möchte, ohne das Telefon zu blockieren. Dafür braucht man nämlich nicht zwingend so eine riesige Funkstation, wie wir sie im Museum haben.

In Zeiten von Corona und „Social Distancing“ bekommt Kontaktpflege eine neue Bedeutung. Was macht sich konkret in der aktuellen Situation in Ihrem Umfeld bemerkbar?

Mir ist vor allem auf unseren Funkbändern aufgefallen, dass wesentlich mehr los ist als sonst. Das liegt aber nicht daran, dass wir das Thema Corona überstrapazieren, sondern vielmehr, weil die Menschen nun eher zuhause sind. Bedingt dadurch, dass sie nicht zur Arbeit gehen können und / oder dürfen, nutzen sie ihr Hobby Funk. Es gibt eine ganze Menge mehr an menschlicher Nähe. Einfach sich mit Worten austauschen zu können – auch wenn jemand mithört – ist eine gravierende Menge an Kommunikation, die man leisten kann. Dass wir diesen Kanal jetzt mehr nutzen, geraden in Zeiten wie diesen, ist für mich selbstverständlich. Das ist auch vernünftig so.

Das führt uns nun fast schon zum Ende. Die Türen des Museums sind momentan für physische Besucher geschlossen und auch die Lange Nacht der Museen fällt aus, wo Sie ja auch präsent gewesen wären. Haben Sie Alternativen, wie Interessenten sich weiterhin über das Funken informieren können?

Da gibt es mehrere Wege über das Internet. Da wäre zum Beispiel die Möglichkeit über Google Arts & Culture, die einen virtuellen Rundgang durch das Museum und die Funkstation ermöglicht.

Über unsere Facebook-Seite kann man sich informieren, was gerade so bei uns passiert. Dann gibt es noch unsere Ausbildungsseite mit Informationen zu den Lehrgängen in den Herbstferien. Selbst wenn Versammlungen bis dahin noch untersagt sein sollten, führen wir diese digital via Videokonferenz durch.

Das klingt sehr vielversprechend. Ich danke Ihnen für das Gespräch und die vielen, aufschlussreichen Informationen. Bleiben Sie gesund.

Funken – früher und heute

Man merkt: die Möglichkeiten und die Vielseitigkeit des Amateurfunks sind nahezu unbegrenzt. Mit der zunehmenden Vernetzung durch Internet und Digitalisierung, werden diese Arten von Verbindung immer leichter zugänglich und rücken das Funken hingegen immer mehr in den Hintergrund. In einem gesellschaftlichen Wandel zu physischer Distanz und psychischer Nähe, wird jedoch auch diese Tätigkeit wieder vermehrt praktiziert und geschätzt. Vielleicht entdeckt ja der ein oder andere während der Zeit zuhause ebenfalls ein neues Hobby: den Amateurfunk.

DL 0 DPM – Die Amateurfunkstation im Museum für Kommunikation in Frankfurt im Web und bei Facebook.

Autorin: Regina Lang 18. April 2020

„Ups, Sie sind ja da?“ – Was Museumspädagog*innen ohne Besucher*innen tun

„Ups, Sie sind ja da?“ – Was Museumspädagog*innen ohne Besucher*innen tun

 

Arbeitsplatzbeschreibung: flexibel, kreativ, teamfähig, kommunikativ und…
…eine gehörige Portion Improvisation.

Freitag kurz vor neun Uhr im headquarter Bildung und Vermittlung herrscht Hochbetrieb: vier besetzte Schreibtische, Telefonklingeln, Ausstellungspläne an der Wand, tablets auf dem Tisch, Konzeptionen, Zeichnungen, Fotos vom Ferienprojekt in Bearbeitung. Die Pinnwände voller Projektideen, die Wände gespickt mit Klebezetteln vom Teambrainstorming. Zwei Kolleg*innen kommen rein, stellen Fragen zur nächsten Sonderausstellung, der Empfang ruft an, eine freie Mitarbeiterin stehe im Stau und verspätet sich und eine/r von uns flitzt rüber ins Museum und springt bei einer der fünf Schulklassen ein, die einen medienpädagogischen Workshop gebucht haben. Währenddessen laufen die Vorbereitungen für die Lange Nacht der Museen und das nächste Kooperationsprojekt weiter. Viele wunderbare unterschiedliche Aufgaben.

Wildes Denken statt Alltagsgeschäft

 

Eigentlich…seit einem Monat ist alles etwas anders. Wir arbeiten mobil von zuhause aus, wie die meisten von euch auch und kommen nur noch abwechselnd ins Museum. Meetings und Kooperationsgespräche finden auch hier per Video- oder Telefonkonferenz statt. Das Telefon im Büro schweigt, nur ein paar wenige mutige Buchungsanfragen für Mai landen in unserm Anfragepostfach. Aber wir finden auch Zeit, Konzeptionen zu überarbeiten, Führungen zu übersetzen und inklusive Angebote zu entwickeln. Schubladenprojekte, für die im Alltag wenig Zeit bleibt, werden hervorgekramt und endlich angegangen. Und das Wichtigste: wir halten Kontakt und vergeben Aufgaben an unsere 24 freien Mitarbeiter*innen, mit denen wir gemeinsam unser pädagogisches Programm umsetzen.
Wir unterstützen die Kolleg*innen, die an den nächsten Ausstellungen arbeiten, mit unserem pädagogischen Blick auf die Inhalte und Umsetzungsideen und lesen uns fleißig in die Themen ein.

Die Discovery-Box

 

Ein Herzensprojekt, unsere discovery box, hat endlich Raum und Zeit fertig zu werden. Sie bietet, Klassen ohne gebuchten Rundgang, einen roten Faden, die Dauerausstellung „Mediengeschichte/n neu erzählt“ in Kleingruppen zu entdecken. Für die SuS ab Jahrgangsstufe 7. digital, für die jüngeren analog. All das passiert in Abstimmung mit Grafikerin, Programmierer und Schüler*innen als Tester*innen(zur Zeit allerdings nur digital).

Tagsüber alleine im Museum (noch)

Ja, ich gestehe, sie fehlen uns die Besucher*innen – die kleinen und großen, die jungen und jung gebliebenen. Manchmal schlendere ich alleine durch das menschenleere Museum und bilde mir ein, die Geräusche von Schulklassen und Kinderlachen zu hören, das Klingeln der alten Wandapparate oder das Rattern der Briefsortiermaschine…

 

Heute klingelte unser Anfragetelefon und eine ganz überraschte Anruferin sagte:“ Ups, Sie sind ja da! Ich dachte Sie hätten frei!“

Autorin: Nina Voborsky, 17.04.2020

Wie wäre es, wenn …

Wie wäre es, wenn …

… wir in Health Coins, Eco Yuans und Crazy Royals entlohnt würden?

Eine eigentümliche Vorstellung − doch vielleicht ist das schon bald unsere Realität? Zumindest hat die Schriftstellerin Katharina Adler diese Vorahnung. Sie und sieben andere Literat*innen haben sich für das Projekt „Acht Visionen. Zukunft. Arbeit. Literatur“ in die Zukunft gedacht: Ihre Kurztexte beschreiben, wo wir in Zukunft arbeiten werden, welche Arbeit wir verrichten und wie wir mit unseren Kolleg*innen – egal ob Mensch oder Maschine – kommunizieren werden. In viermal zwei Lesungen stellen die Autor*innen ihre Texte im Museum für Kommunikation Frankfurt vor. „Acht Visionen“ ist ein Gemeinschaftsprojekt mit dem Literaturhaus Frankfurt und Teil des Vernetzungsforums „Leben & Lernen X.0“, das gemeinsam mit den Bürger*innen Strategien erprobt, die uns dabei helfen, die digitale Transformation besser zu begreifen. Die letzte Lesung “Epilog und Buchpremiere” wurde auf den 24. Juni verschoben, es lesen Mariana Leky und Lukas Rietzschel. Am selben Abend wird auch die Begleitpublikation vorgestellt. 

Was hat es eigentlich mit dem Suppenteller auf sich?
Wie wäre es eigentlich, wenn wir keine festen Arbeitsplätze mehr hätten und jeden Tag wie Tischlein-wechsel-dich an einem neuen, mobilen Schreibtisch sitzen würden? Daniel Wisser stellt uns in seinem Text Frau Hechtler vor, eine Versicherungsangestellte. Wenn sie nach der Arbeit mit ihren Freundinnen in einer Bar sitzt, leert sie ihre Handtasche, und zum Vorschein kommen vier Dinge, die sie jeden Tag mit zur Arbeit nimmt: ihr Laptop, ihr Mobiltelefon, ein leerer Fotorahmen und ein Suppenteller.
Den Fotorahmen stellen die Mitarbeiter*innen der Versicherung als Mahnmal für den verloren gegangenen Schreibtisch auf: Ihnen ist es untersagt, persönliche Utensilien am Arbeitsplatz zu hinterlassen. Doch was hat es mit dem Suppenteller auf sich?
„Sie hatte auf diese Frage gewartet, lächelte, trank einen Schluck von ihrem Negroni und sagte, das sei eine noch viel wildere Geschichte.“
Daniel Wisser

Zukunftsmusik
Überhaupt, wie kann die wohltemperierte Work-Life-Balance gelingen? Werden wir zu Getriebenen, die gegen die bedin- gungslose Effizienz von Maschinen ankämpfen? Um Krankmeldungen entgegenzuwirken, würden Fabriken neuerdings Fitnessgeräte in einem Kabuff neben dem Fließband aufstellen, prognostiziert Isabelle Lehn in ihrem Text „Zukunftsmusik“. Wer sich bei der Arbeit verletze, der habe sich vorher eben nicht richtig aufgewärmt. „Human Resources“ werden an Grenzen getrieben, die sie vorher gar nicht kannten. Die „Zukunftsmusik“ von Isabelle Lehn ist ein Abgesang auf die Arbeit von Bürokräften, Hilfsarbeitern, Anlagen- und Maschinenbedienern: Sie verschwinden schleichend wie das Handwerk des Pechsieders. Schöne neue Arbeitswelt!
Welch Glücksgefühl: Eine Runde am Polyplay! 
Verglichen mit den Zwängen dieser vollautomatisierten und „durchdigitalisierten“ Welt leben die Kinder aus Bullerbü im analogen Paradies: ohne Smartphones, Tablets, Internet, Spielekonsolen und Alexa. Sie angeln, fangen Krebse und laufen im Winter Schlittschuh. Jochen Schmidt – Anhänger der Lindgren’schen Landidylle, doch dem technischen Fortschritt durchaus zugeneigt – erzählt in seinem Text von seiner sozialistischen Kindheit: Wie versteinerte Fossilien aus einer naturwissenschaftlichen Sammlung zählt er technische Geräte und Kommunikationsformen auf, die seine Jugend in der DDR geprägt haben. Sie zeugen von der langsam fortschreitenden Technisierung.

Welch Glücksgefühle kamen bei dem jugendlichen Helden auf, wenn eine Runde am „Polyplay“-Spielautomaten – einem in der DDR hergestellten Arcade-Spielautomaten – gezockt werden durfte! Das letzte Telegramm mit Glückwünschen von seiner Mutter erhielt Schmidt am Tag des Mauerfalls, zu seinem Geburtstag. Fürs Sprachenlernen hatte Schmidt lange Vokabellisten auf Kassette gesprochen und auf dem Walkman beim Zähneputzen und Einschlafen gehört, um sie sich besser einzuprägen. Die Liebe zu einem osteuropäischen Mädchen pflegte Schmidt per SMS. Damals setzte sich ein digitaler Kuss noch aus einem Doppelpunkt und einem Sternchen zusammen. Doch Schritt für Schritt wich Schmidts Technikbegeisterung einer tiefgreifenden Skepsis: Es gehe doch heute eher wieder darum, analoge Schutzräume – ähnlich den drei Höfen in Bullerbü – zu verteidigen. Eine letzte Bastion des Analogen sei auch das Briefeschreiben:

Doch „[s]obald ich aus dem Haus gehe, vergesse ich, daß ich einen Brief einwerfen wollte. […] Eine meiner Geschäftsideen ist deshalb brieferando.de, ein Service, bei dem der Briefträger die Briefe nicht zu einem nach Hause bringt, sondern sie von dort abholt und zum nächsten Briefkasten trägt.“

Jochen Schmidt

Noch Vision oder Realität?

Die Visionen der acht Autor*innen deuten zum Teil weit in die Zukunft. Doch in einigen Texten scheint die Wirklichkeit nur einen Steinwurf entfernt. Die Grenzen zwischen Fiktion und Realität verschwimmen zu einem Gegenwartsbild, das unserer Lebensrealität sehr nahe kommt: Mitten im Digitalisierungsprozess, den wir durchlaufen, wissen wir nicht immer ganz genau, ob es sich noch um Vision handelt oder ob es schon längst Realität ist. Literatur kann uns dabei helfen, auf diese Prozesse zumindest ein wenig vorbereitet zu sein.

Ein Duo machte die acht Visionen noch komplett: Thomas von Steinaecker und Julia Wolf. Und zur Buchpremiere bestreiten Mariana Leky und Lukas Rietzschel noch einen Leseabend. Alle Texte werden in einer eigens für das Projekt zusammengestellten Publikation veröffentlicht.

Interviews und Ausschnitte aus den Lesungen von beteiligten Autori*innen bei hr2-kultur.

   

ACHT VISIONEN ist ein Projekt des Literaturhauses Frankfurt mit dem Museum für Kommunikation in Zusammenarbeit mit hr2-kultur. Gefördert von „experimente#digital“, der Kulturinitiative der Aventis Foundation, sowie dem Kulturamt Frankfurt am Main.  
Text: Regina Hock, 16. April 2020
Kommunikation im 21. Jahrhundert

Kommunikation im 21. Jahrhundert

Werden wir Privatheit in Zukunft kaufen müssen? Wie wird ein Kind in 30 Jahren kommunizieren? Wie wird der Körper als Interface eingesetzt? In der Dauerausstellung des Museums für Kommunikation stellen 21 Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Politik ihre Perspektiven auf die Kommunikation im 21. Jahrhundert und den Einfluss der Digitalisierung zur Diskussion.

 

21 Perspektiven auf die Digitalisierung

Viele Expert*innen glauben, wir erleben gerade eine Revolution, vergleichbar mit der Erfindung des Buchdrucks oder der Industrialisierung. Sprache, Schrift, Bilder und Töne lassen sich digital miteinander verbinden. Wir vernetzen uns mit anderen Menschen auf der Welt in Echtzeit. Intelligente Maschinen, Roboter und künstliche Intelligenz sind dabei, unsere Lebens- und Arbeitswelten zu durchdringen. Das wird unser Verhalten prägen und wie wir die Welt zukünftig erleben: Weiß ein Kind in 30 Jahren noch, was ein Smartphone ist? Wird es Chips im Körper tragen, um mit Freunden und Alltagsgegenständen zu kommunizieren?

Wird es immer noch Herzklopfen haben, wenn es sich verliebt? Wir wollen Chancen, Risiken und Nebenwirkungen der Digitalisierung verstehen und zum Thema im Museum machen. Wir haben darum 21 kluge Köpfe gefragt. Sie stellen ihre Sicht auf die Digitalisierung zur Diskussion und bieten Ideen, wie wir sie alle mitgestalten können. Ihre Perspektiven verdeutlichen auch, mit welcher Geschwindigkeit die digitale Transformation voranschreitet: Was heute wie Zukunftsmusik klingt, ist morgen schon Realität.

In Videostatements und Interviews präsentieren Expert*innen ihre Sichtweisen auf die möglichen Trends der Kommunikation von morgen. Oft enden Museumsrundgänge mit unseren Besucher*innen in der Galerie der 21 Köpfe, um sich einzelnen Fragen zur Zukunft der Kommunikation zu widmen.

Schwerpunkt I & II

  • Digitaler Wandel – Künstliche Intelligenz: Stefan Aufenanger, Yvonne Hofstetter, Stephan Althoff
  • Big Data – Smarte Maschinen: Thomas Schildhauer, Lino Teutenber, Patrick Baudisch

Schwerpunkt III, IV & V

  • Privatheit – Öffentlichkeit – Demokratie: Harald Welzer, Dirk Baecker, Regina Ammicht Quinn
  • Journalismus und Soziale Medien: Bernhard Pörksen, Markus Beckedahl, Barbara Hans
  • Datenschutz: Andrea Astrid Voßhoff, Peter Zoche, Wolfgang Schulz

Schwerpunkt VI & VII

  • Arbeit und Lernen: Christian Rickerts, Thomas Arend, Frederik G. Pferdt
  • Arbeit und Industrie 4.0: Frank Appel, Constanze Kurz, Sabina Jeschke

In drei Blogposts stellen wir die Schwerpunkte mit Auszügen aus den Video-Statements vor. Wir beginnen mit:

 

Schwerpunktthemen I & II

Verlieren wir in der digitalen Welt die Kontrolle über unsere Daten?

 

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Videostatement von Yvonne Hoftstetter

 

Werden wir Privatheit in Zukunft kaufen müssen?

 

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Videostatement von Thomas Schildhauer

 

Die Gegenwart der Zukunft

Dauerausstellungen in Museen sind oft recht statisch – wie kann man einem Feld voll dynamischer Entwicklungen da gerecht werden? Seit dem Tag der Eröffnung der neuen Dauerausstellung im September 2017 als der Bereich der 21 Köpfe der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, stellen wir uns die Frage: Ist die Zukunft der Videostatements schon Gegenwart geworden? Oder reichen die Projektionen viel weiter in die Zukunft hinein?

Um der Prozesshaftigkeit der Digitalisierung gerecht zu werden hat sich aus dem Bereich zur “Zukunft der Kommunikation” das Bürgerdialogforum “Leben und Lernen X.0” entwickelt. Das von Katja Weber gestartete und ab Oktober 2018 von mir übernommene Projekt fragt nach der Zukunft der Bildung, der Demokratie und der Arbeit. Dabei laden wir Bürger*innen und Experten*innen ins Museum ein, um gemeinsam zu diskutieren, welche Herausforderungen der Digitale Wandel mit sich bringt. Ob im Rahmen von Bürgerforen, Kunstaktionen, Debatten-Dienstagen, dem Leben X.0-Podcast oder der Literaturreihe der Acht Visionen – immer wird partizipativ den Fragen von Leben und Lernen X.0 nachgeforscht, um in der Gegenwart über die Zukunft nachzudenken. Die 21 Perspektiven wurden so in den letzten 2,5 Jahren durch viele weitere Perspektiven ergänzt und die nächste Herausforderung ist, wie man diese wieder im Ausstellungsraum wirksam macht. Ein Ergebnis ist sicherlich die Ausstellung #neuland: Ich, wir und die Digitalisierung, die das Museumsteam gemeinsam mit der Nemetschek Stiftung kuratiert hat.

Wir können also gespannt bleiben, was uns die Zukunft weiter bringen wird. Die Vergangenheit der Zukunft ist zumindest das nächste große Ausstellungsthema mit “Back to Future”, welches der #neuland-Ausstellung ab Herbst 2020 folgen wird.

 

Tine Nowak, 15. April 2020