Heute findet – wie jedes Jahr am 18.4. – der Weltamateurfunktag der International Amateur Radio Union statt, da diese heute vor genau 95 Jahren in Paris gegründet wurde. Auch auf dem Dach des Museums für Kommunikation in Frankfurt befindet sich eine Amateurfunkstation. Diese bieten normalerweise reichlich Möglichkeiten zum Erkunden und Besichtigen von historischen Geräten – und manchmal sogar die Möglichkeit, beim Funken dabei zu sein. Da dies aufgrund der aktuellen Situation vorerst nicht möglich ist, bringen wir Euch das Funken auf eine andere Weise näher: Anlässlich des Jubiläums habe ich Karl-Heinz Wolf, Mitglied des Deutschen Amateur-Radio-Clubs (DARC), ein paar Fragen gestellt.
Funken als Hobby
Die Funktechnologie entstand Ende des 19. Jahrhunderts und schon in den frühen 1900er Jahren gab es eine Funkpflicht für Schiffe. Durch den zunehmenden Datenverkehr erfolgte dann die Unterteilung in den offiziellen und den privaten bzw. den Amateurfunk, der erstmals auch Experimentalstationen ermöglichte.
Heute zählt der DARC etwa 33.000 Mitglieder, die das Hobby in ihrer Freizeit betreiben. Kommunikation mit Schwellenländern ohne Internet und die Förderung des technisch-wissenschaftlichen Nachwuchses sind nur einige der Ziele, welche die Amateurfunker verfolgen.
Im Gespräch mit Karl-Heinz Wolf, Mitglied des DARC
Man kennt Funkverbindungen ja bereits durch den Seefunk oder den Flugfunk. Der „Amateurfunk“ ist jedoch nicht weniger wichtig. Was würden Sie sagen, macht seine besondere Rolle aus?
Der Amateurfunkdienst ist genauso ein Dienst wie der Seefunk, Polizeifunk, Flugfunk und so weiter. Man braucht dafür eine offizielle Zulassung der Telekommunikationsbehörde. Der große Unterschied ist, dass alle anderen genannten Dienste kommerziell sind. Dabei bezahlt man Gebühren, wie in etwa bei dem Handyvertrag, und hat Anspruch auf eine gewisse Funkqualität und Verfügbarkeit. Die Gebühren des Amateurfunkdienstes sind weitaus geringer und wir haben die Möglichkeit, auch selbstgebaute Geräte in Betrieb zu nehmen.
Mit dem kleinen Sender der Funkstation auf dem Dach des Museums kann man zum Beispiel durch ganz Europa, mit den richtigen Bedingungen sogar durch die ganze Welt, funken. Jedoch sind diese Verbindungen, im Gegensatz zu den kommerziellen Diensten, nicht garantiert. Deshalb sagen wir „Amateurfunk“: Nicht, weil wir amateurtechnische Geräte verwenden, sondern weil man eben nicht für eine bestimmte Dienstleistung bezahlt. Aus diesem Grund senden wir auch kein „SOS“, „panic“ oder „mayday“.
Trotzdem ist es doch richtig, dass der Amateurfunk für Notfall- oder Katastrophenhilfe eingesetzt wird, oder?
Das ist richtig. Das Thema Not-Funk ist dafür gedacht, wenn Kommunikationsnetze ausfallen. Das heißt jedoch nicht, dass wir diese Kommunikation übernehmen, sondern vielmehr unterstützen. Die eingesetzten Hilfskräfte bei Katastrophen haben meist keine Zeit, minimale Nachrichten von Menschen an Angehörige zu übermitteln. Wir können dann mit jemandem auf der Welt Kontakt aufnehmen, der in der Lage ist, diese Nachricht an den jeweiligen Empfänger weiterzuleiten. Da gibt es dann mehrere Möglichkeiten. Entweder Analogfunk oder Digitalfunk, die Bandbreite ist wirklich unendlich groß.
Viele dieser Arten von Funk kann im Museum für Kommunikation besichtigen. Könnten Sie einmal grob die Unterschiede und Anwendungsgebiete von Morse, Sprech-, Bild- und Satelitenfunk skizzieren?
Morse ist eine der ersten Digitalfunkarten. Der sog. „Morsecode“ besteht aus drei Informationselementen, welche das komplette Alphabet abdecken. Eingesetzt wird das, um mit geringen Leistungen möglichst weit kommunizieren zu können. Damit kann ich mithilfe von Abkürzungen, auch ohne lokale Sprachkenntnisse, international Nachrichten übertragen.
Bei Sprechfunk ist es ganz klar. Dazu gehört auch die Telefonie. Dazu braucht man aber eine gewisse Bandbreite und es ist erheblich mehr Leistung notwendig. Der Satelitenfunk hingegen hat von Haus aus schon Radioqualität, funktioniert jedoch dementsprechend nur regional.
Dann gibt es natürlich noch eine Übertragung, die nennt sich „hamnet“. Das steht für „highspeed amateur multimedia network“. Das ist ein wireless LAN, welches wir auch gerne im Museum zeigen. Dabei geht durch das Multimedia Netzwerk eigentlich alles: von Sprache bis hin zu Video und dem klassischen Internet.
Man merkt, das Hobby des Amateurfunks ist ein wahnsinnig weites Spektrum. Eigentlich ist die Technik dabei nur das Mittel zum Zwecke der Völkerverständigung. Das Kennenlernen von Kulturen und anderen Menschen steht dabei im Vordergrund. Ich kenne keinen Funkamateur, der sich nur in seinem Kämmerchen vergräbt und nicht offen zu Menschen spricht. Wir sind unabhängig von allen Nationalitäten, Geschlecht, politischen Gedanken, religiösen Sichtweisen oder körperlicher Unversehrtheit. Außerdem darf bei Funken jeder mithören und den Unterhaltungen folgen – auch ohne Lizenz.
Wir leben einer Welt, die durch das Internet und die Digitalisierung geprägt ist. Dieses Thema beleuchtet auch unsere neue Ausstellung #neuland. Warum ist es trotzdem noch so wichtig, dass der Nachwuchs des Amateurfunks gefördert wird?
Wir beim Amateurfunk haben zwangsläufig eine Öffentlichkeit, weil wir keine verschlüsselten Verbindungen wie beim Mobilfunk besitzen. Diese Öffentlichkeit zwingt uns dazu, und das ist auch vernünftig aus meiner Sicht, völlig offen zu kommunizieren, höflich zu bleiben und sofort das Gegenüber zu respektieren. Überträgt man das auf das alltägliche Leben, so lebt man automatisch völlig vorurteilsfrei und miteinander. Offene und direkte Kommunikation – das ist für mich der Schlüssel zu einem vernünftigen Zusammenleben.
Die Förderung des Nachwuchses ist also vor allem wegen der Weitergabe dieser Werte wichtig. Zur Förderung machen wir viele Kurse, bei denen man die Lizenz zum Funken erwerben kann und mit der Technik vertraut wird. Das ist immer spannend für Jugendliche. Mit der Lizenz kann man selbstständig tätig sein und mit den über 2,5 Mio. Funkamateure weltweit kommunizieren. Dabei geht es vielmehr um die Community als um die Technologie. Wir haben heutzutage so viele unterschiedliche Kanäle, da muss man aufpassen, dass man sich nicht verzettelt.
Auch im Museum machen wir zur Nachwuchsförderung u.a. den „Kids Day“. Dort können nicht nur Kinder, sondern auch jung gebliebene Erwachsene unter Aufsicht auch ohne Lizenz selbst funken. Wir sind immer gerne bereit, das Funken zu erläutern. Wir haben auch ein paar kleine Mobilfunkgeräte da, die jeder mal ausprobieren kann. Das sind prinzipiell diese Walkie-Talkies, die man in Kaufhäusern erwerben kann. Das ist auch eine ganz vernünftige Geschichte, wenn man unter naheliegenden Freunden kommunizieren möchte, ohne das Telefon zu blockieren. Dafür braucht man nämlich nicht zwingend so eine riesige Funkstation, wie wir sie im Museum haben.
In Zeiten von Corona und „Social Distancing“ bekommt Kontaktpflege eine neue Bedeutung. Was macht sich konkret in der aktuellen Situation in Ihrem Umfeld bemerkbar?
Mir ist vor allem auf unseren Funkbändern aufgefallen, dass wesentlich mehr los ist als sonst. Das liegt aber nicht daran, dass wir das Thema Corona überstrapazieren, sondern vielmehr, weil die Menschen nun eher zuhause sind. Bedingt dadurch, dass sie nicht zur Arbeit gehen können und / oder dürfen, nutzen sie ihr Hobby Funk. Es gibt eine ganze Menge mehr an menschlicher Nähe. Einfach sich mit Worten austauschen zu können – auch wenn jemand mithört – ist eine gravierende Menge an Kommunikation, die man leisten kann. Dass wir diesen Kanal jetzt mehr nutzen, geraden in Zeiten wie diesen, ist für mich selbstverständlich. Das ist auch vernünftig so.
Das führt uns nun fast schon zum Ende. Die Türen des Museums sind momentan für physische Besucher geschlossen und auch die Lange Nacht der Museen fällt aus, wo Sie ja auch präsent gewesen wären. Haben Sie Alternativen, wie Interessenten sich weiterhin über das Funken informieren können?
Da gibt es mehrere Wege über das Internet. Da wäre zum Beispiel die Möglichkeit über Google Arts & Culture, die einen virtuellen Rundgang durch das Museum und die Funkstation ermöglicht.
Über unsere Facebook-Seite kann man sich informieren, was gerade so bei uns passiert. Dann gibt es noch unsere Ausbildungsseite mit Informationen zu den Lehrgängen in den Herbstferien. Selbst wenn Versammlungen bis dahin noch untersagt sein sollten, führen wir diese digital via Videokonferenz durch.
Das klingt sehr vielversprechend. Ich danke Ihnen für das Gespräch und die vielen, aufschlussreichen Informationen. Bleiben Sie gesund.
Funken – früher und heute
Man merkt: die Möglichkeiten und die Vielseitigkeit des Amateurfunks sind nahezu unbegrenzt. Mit der zunehmenden Vernetzung durch Internet und Digitalisierung, werden diese Arten von Verbindung immer leichter zugänglich und rücken das Funken hingegen immer mehr in den Hintergrund. In einem gesellschaftlichen Wandel zu physischer Distanz und psychischer Nähe, wird jedoch auch diese Tätigkeit wieder vermehrt praktiziert und geschätzt. Vielleicht entdeckt ja der ein oder andere während der Zeit zuhause ebenfalls ein neues Hobby: den Amateurfunk.
DL 0 DPM – Die Amateurfunkstation im Museum für Kommunikation in Frankfurt im Web und bei Facebook.
Autorin: Regina Lang 18. April 2020
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