Entzugserscheinung – Bibliotheken im Lockdown

Entzugserscheinung – Bibliotheken im Lockdown

Ein Jahr ist es her, dass wir an dieser Stelle den Welttag des Buches feierten, virtuell und mitten im ersten Lockdown. Damals ein Versuch digital mit unserem Nutzerkreis in Kontakt zu bleiben und noch in der optimistischen Überzeugung, dass diese Situation ein Jahr später nur mehr eine Erinnerung sein würde. Doch viele Bibliotheken befinden sich auch heute noch oder wieder im Lockdown und blicken zurück auf ein Jahr zeitweiliger Schließzeiten für die Nutzung, problematischer Literaturversorgung für Studium und Forschung, technischer Herausforderungen im Homeoffice und coronabedingter Personalengpässe. Das Publikum vermisst das Verweilen in seinen Lieblingsbibliotheken, soziale Begegnungen und das Entdecken der Medienwelten vor Ort. Deshalb am heutigen Welttag des Buches: ein sehnsüchtiger Blick auf Bibliotheken und ihre Bedeutung.

Zwischen Infektionsschutz und Literaturversorgung

 

Der internationale UNESCO-Welttag des Buches und des Urheberrechts ist seit 1995 ein Aktionstag zum Thema Buch und Förderung des Lesens.
Eine wichtige Rolle dabei spielen Bibliotheken, auch – vielleicht sogar umso mehr – seit Beginn des Lockdowns im Frühjahr letzten Jahres.
Was wäre also der heutige Welttag des Buches ohne auch mal einen Blick auf Aktionen von Bibliotheken zu werfen, die kreativ versuchen, mit der schwierigen Situation umzugehen?

Eine der Schwierigkeiten für Kultur- und Bildungsinstitutionen besteht seit der Pandemie darin, die für ihre Öffnungs- und Schließkonzepte relevanten Infos, den sich rasch verändernden und regional variierenden Verordnungen zu entnehmen und angemessen für Personal und Nutzerkreis umzusetzen. Auf kurzfristige Regelungen zu pandemiebedingten Schließungen, reagieren Bibliotheken mit flexiblen Anpassungen von Rückgabeterminen. Das ist logistisch viel aufwendiger als es klingen mag, hilft aber der Aufforderung nachzukommen, unnötige Wege im Lockdown zu vermeiden.
Um ihr Publikum schnell informieren zu können, nutzen viele Bibliotheken seit der Pandemie verstärkt Social Media Kanäle, unter dem Schlagwort #closedbutopen ein verbreitetes Mittel, um in Kontakt zu bleiben.

 

Zwischen Öffnungen und Schließungen bedarf es passender Hygienekonzepte, die in allen Institutionen im Rahmen ihrer Möglichkeiten umgesetzt werden. Dazu gehören räumliche Schutzmaßnahmen wie Trennscheiben und Abstandsregelungen, aber auch Begrenzungen der Nutzerzahl auf die Raumgröße. Bereits zu Beginn der Pandemie gab es regen Austausch unter den Bibliotheken zur Einrichtung von „Bücherquarantänen“, also Überlegungen zur erforderlichen Dauer zwischen Rückgabe und Wiederausleihe von Büchern, die nicht gereinigt werden können. Arbeitsschritte mussten an Hygienevorschriften angepasst werden, auch hinsichtlich der Zahl von Personal, das gleichzeitig in einem Raum arbeiten darf.

Bibliotheken arbeiten hier im engen Rahmen zwischen dem Schutz von Menschen und dem Aufrechterhalten der Literaturversorgung. So wie andere Kultur- und Bildungseinrichtungen, versuchen Bibliotheken dieser Anforderung gerecht zu werden durch Einführung von Zeitslots, die fest gebucht werden können und die maximale Anzahl anwesender Personen pro Raum koordinieren. In einigen Bibliotheken wurden dafür relativ schnell Onlinebuchungssysteme aktiviert, die den Ablauf erleichtern, in anderen Bibliotheken können Termine per Mail oder telefonisch gebucht werden.

 

Bibliothek von Zuhause

 

Die während einer Pandemie notwendigen Schließungen treffen Bibliotheken genau dort, wo ihre größte Stärke liegt: als Begegnungsort. Diese wichtige soziale Rolle nehmen vor allem Öffentliche Bibliotheken wahr. Auch wenn kein digitales Angebot diese Funktion ersetzen kann, bleiben Bibliotheken mit regelmäßigen Social-Media-Aktionen sichtbar und reagieren mit flexiblen Änderungen ihrer Nutzungsbedingungen. Unter dem Schlagwort #BibliothekVonZuhause bieten einige Bibliotheken Neuanmeldungen, die sonst nur vor Ort möglich sind, seit Beginn der Pandemie auch online an, um ihren Leser*innen eine Nutzung der elektronischen Medien zu ermöglichen. Dazu gehören Ebooks, Hörbücher aber auch Filmdienste. Ein willkommenes Angebot zur Unterhaltung aber auch zum Lernen von zuhause, zumindest im ersten Lockdown 2020. Wie oft und wie lange Bibliotheken freie Onlinedienste anbieten können, hängt im Wesentlichen von der Lizenzpolitik der Verlage ab und von den verfügbaren finanziellen Mitteln der jeweiligen Bibliothek.

Mit einer Art „click & collect“ ermöglichen vor allem Stadtbibliotheken die Auswahl gewünschter Medien im Onlinekatalog und stellen diese für ihre Nutzerinnen zusammen. Mit Termin können diese dann bequem am Eingang der jeweiligen Bibliothek abgeholt werden. In diesen Bereich fallen auch Angebote zu Medienpaketen, die vom Bibliothekspersonal zusammengestellt werden und ein bisschen an das Entdecken spannender Literatur erinnern sollen.

Erlebnis und Teilhabe

 

Die Bibliothek als ein Ort des Verweilens, der Begegnung, der demokratischen Versorgung mit Literatur, des (Kennen)lernens, sehr oft auch eine Zuflucht vor Einsamkeit, kann gerade in diesen Aspekten durch keine Online-Angebote ersetzt werden. Virtuelle Angebote sind begrenzt, sowohl in Verfügbarkeit als auch an Reichweite. Sind sie doch nur nutzbar für Leser*innen, die über entsprechende Endgeräte verfügen, ein Moment des gesellschaftlichen Ausschlusses, den Bibliotheken in „normalen“ Zeiten durch freien Zugang zu ihren Beständen zumindest mildern können.

Ein wichtiger Grund also, um am Welttag des Buches an die nicht zu überschätzende Bedeutung von Bibliotheken für die Teilhabe in der Gesellschaft zu erinnern. Ein Hoch auf Bücher, das Lesen und die Kultur des geschriebenen Wortes und auf unsere Sehnsucht nach ihren Orten.

Autorin: Sandy Lang, 23.04.2021

 

Links zu aktuellen Öffnungszeiten und Angeboten der Frankfurter Bibliotheken

Universitätsbibliothek J. C. Senckenberg, Frankfurt

Frankfurter Museumsbibliotheken

Stadtbücherei Frankfurt

Informationen zu Bibliotheken & Corona des BIB

Episode 7: Arbeitskreise und -gruppen

Episode 7: Arbeitskreise und -gruppen

VoloMuPo – Volontariat, Museum, Podcast

 

Das wissenschaftliche Volontariat ist so etwas wie die “Ausbildung” zum Museumsmenschen. Innerhalb von zwei Jahren erhält man Einblicke in alle Bereiche der Museumsarbeit. Vom Sammeln und Bewahren hin zur Museumspädagogik und Verwaltung. Doch wie sieht das genau aus? Was gibt es alles zu tun und welche möglichen Herausforderungen können einen erwarten? Diesen Fragen geht der VoloMuPo nach. Ein Podcast zum Informieren, Vernetzen und Austauschen für Volontär*innen, Interessierte und alle, die mal einen Blick hinter die Kulissen der Museumslandschaft schauen wollen.

Du absolvierst zurzeit dein wissenschaftliches Volontariat und möchtest gerne im VoloMuPo über deine Erfahrungen austauschen? Dann melde dich hier!

 

 

Die Wahrscheinlichkeit, dass man für sein wissenschaftliches Volontariat in eine andere Stadt ziehen muss, ist recht groß. Da fällt die Suche nach Anschluss womöglich etwas schwer. Auf der Suche nach anderen Volontär*innen und „Leidensgenoss*innen“, stellen Arbeitskreise und –gruppen eine gute und vernetzte Möglichkeit dar, während des Volontariats Kontakte zu knüpfen und ins Gespräch zu kommen. Aber was machen die Arbeitskreise und –gruppen?

Lasst uns darüber mal reden…

 

00:00:00 – Vorwort

Beim Podcasten schleichen sich manchmal kleine technische Probleme ein, gerade dann, wenn man sich mit mehreren Leuten an verschiedenen Orten zusammenschließt. Leider ist die Episode ein wenig verflucht, was die Technik betrifft. Aber das macht den VoloMuPo an sich aus, dass er nicht immer völlig reibungslos läuft. Wir hatten dennoch Spaß an der Aufnahme und wollen euch natürlich daran teilhaben.

00:01:25 – Begrüßung

Die mittlerweile siebte Episode des VoloMuPo steht an und heute zu einem ganz besonderen Thema. So besonders, dass wir die Episode in der nicht üblichen 4er-Konstellation angehen.

00:02:00 – Heute zu Gast

Normalerweise berichten meine Gäste von ihren Erfahrungen aus den Museen, in denen sie ihr Volontariat begehen. Dieses Mal spielen die Museen eher eine Nebenrolle. Heute begrüße ich Henriette Mühlmann, Sprecherin des Arbeitskreises Volontariat im Deutschen Museumsbund, Lisa Ströer, Sprecherin im AK Volontariat Mitteldeutschland und Dominik Olbrisch, Sprecher in der AG Volontariat Berlin und Brandenburg.

00:02:40 – Das heutige Thema

Man merkt es sicher schon an den Ämtern meiner Gäste, heute dreht sich alles um die Arbeit der Arbeitskreise und –gruppen, in denen sich Volontär*innen vernetzen und austauschen können, aber auch um die Aufgaben der Sprecher*innen und so manche Hürden, die es zu bewältigen gibt.

00:04:40 – Henriette Mühlmann (AK Volontariat im Deutschen Museumsbund)

Henriette hat ihr wissenschaftliches Volontariat im Europäischen Hansemuseum in Lübeck im März 2021 abgeschlossen und ist noch bis Ende April Sprecherin im Bundes-AK. In dieses Amt wurde sie im März 2020 auf der Bundesvolontariatstagung in Dresden gewählt.

00:06:10 – Lisa Ströer (AK Volontariat Mitteldeutschland)

Lisa ist wissenschaftliche Volontärin in der Gedenk- und Bildungsstätte Andreasstraße in Erfurt. Lisa vertritt als eine von vier Sprecherinnen den AK Volontariat Mitteldeutschland, der die Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen umfasst.

00:08:44 – Dominik Olbrisch (AG Volontariat Berlin und Brandenburg)

Ebenso wie Henriette hat Dominik sein wissenschaftliches Volontariat im März 2021 abgeschlossen. Dieses hat er im Mies van der Rohe Haus in Berlin absolviert. Dominik ist Sprecher in der AG Volontariat Berlin und Brandenburg.

00:22:40 – Digitale Ansätze, Internet und Social Media

Auch Museen kommen an der Digitalisierung nicht vorbei. Facebook, Instagram und Twitter zählen mittlerweile zur Grundausstattung jedes Hauses. Wie diese sozialen Medien jedoch genutzt werden, ist von Haus zu Haus unterschiedlich. Mal experimentell, mal zurückhaltender.

00:11:30 – Auf “Abwegen”

Aus dem Ruhrgebiet nach Berlin, von Mitteldeutschland in den Norden, von Niedersachsen nach Thüringen oder von Rhein-Main nach Franken. Mit dem wissenschaftlichen Volontariat ist oftmals auch ein Umzug verbunden und so kann es auch passieren, dass es einen von einem Ende der Republik ans andere Ende verschlägt. Um hier Anschluss zu finden oder in einer fremden Stadt Kontakte zu knüpfen, bieten sich die Arbeitskreise und –gruppen an.

00:13:20 – Aufgaben von AKs und AGs

Was machen eigentlich die AKs und AGs? Und wie unterscheiden sich möglicherweise die Aufgabenfelder in den einzelnen Regionen und Ebenen? Henriette, Lisa und Dominik geben Einblicke und zeigen auch, dass die räumliche Nähe zueinander immer eine wichtige Rolle spielt.

00:31:00 – Auffindbarkeit // Kürze des Volos

Sicherlich ein Problem, dass in vielen Bereichen anzutreffen ist. Oftmals ist nicht bekannt, welche Vernetzungsangebote existieren, was natürlich die Auffindbarkeit erschwert. Entweder erhält man den Tipp von Bekannten oder man tritt über Veranstaltungen der AKs und AGs in Kontakt mit eben diesen. Hinzukommt, dass das Volontariat mit seinen maximal zwei Jahren Laufzeit recht kurz ist, ebenso eine aktive Mitarbeit in den AKs und AGs wodurch ein stetiger Wechsel stattfindet.

00:34:15 – Digitale Angebote // Reichweite

Mit der Pandemie sind viele Standardangebote der AKs und AGs nicht mehr möglich, wie Führungen und Besuche anderer Museen. Auch ging man letztlich den Weg ins Digitale mit Workshops, Vorträgen und Online-Stammtischen. Auch wenn man damit nicht alle erreicht, können hier auch Kontakte geknüpft werden.

00:39:40 – AKs, AGs und Landesverbände

Die Bedingungen für Volontär*innen können sich von Museum zu Museum unterscheiden. Das hängt damit zusammen, dass die Museen in der Regel in unterschiedlicher Trägerschaft stehen: Bund, Länder, Kommune oder private bzw. öffentliche Stiftungen. Das zeigt sich auch bei Museums-Landesverbänden, in denen oftmals nicht alle Museen aus einem Bundesland vertreten sind. Ob die AKs und AGs bei den jeweiligen Landesverbänden angesiedelt sind, ist auch nicht immer der Fall, daher ist die Kontaktaufnahme zu den Verbänden auch eine wichtige Aufgabe, nicht zuletzt, um die Interessen der Volontär*innen zu vertreten.

00:50:40 – Intermezzo

Und plötzlich war das Internet weg. Aber Henriette, Lisa und Dominik führen den Podcast souverän weiter, während ich auf Fehlersuche gegangen bin. Ein kurzes Intermezzo, dass ich euch nicht vorenthalten möchte.

00:56:30 – DMB-Leitfaden

Der Deutsche Museumsbund veröffentlicht regelmäßig Leitfäden zu den verschiedensten museumsrelevanten Aufgaben. 2018 erschien der Leitfaden zum wissenschaftlichen Volontariat, der mittlerweile von fast allen Museumsträgern aufgenommen wurde. Jedoch handelt es sich hierbei nur um einen Leitfaden und keine rechtliche Verbindlichkeit. Das kann einige Probleme mit sich bringen, ist aber auch ein Schritt nach vorne. So z.B. im Fall Baden-Württemberg, wo die Inhalte des Leitfadens in die Verwaltungsvorschrift für das wissenschaftliche Volontariat eingeflossen sind.

01:08:00 – 10-Jahres-Wünsche

Es hat sich einiges getan im wissenschaftlichen Volontariat. So sah es vor 10 Jahren noch anders aus, soll heißen: Die Arbeit, die von AKs und AGs ausgeht, bewirkt Veränderungen, sofern sie kontinuierlich fortgeführt wird. Das ist natürlich schwierig, wenn man bedenkt, dass ein wissenschaftliches Volontariat auf zwei Jahre begrenzt ist und die Zeit als Sprecher*in in den AKs und AGs sogar nur auf ein Jahr. Wir stellen uns die Frage, wie es vielleicht in 10 Jahren aussehen wird.

01:20:00 – Verabschiedung

Ein großes Dankeschön an Henriette, Lisa und Dominik für diese Episode und das tolle Gespräch. Und an alle, die zuhören und in oder vor ihrem Volontariat stehen: Sucht den Kontakt zu anderen Volontär*innen und geht über die verschiedenen Netzwerke. Die Museumslandschaft ist erstaunlich klein und man weiß ja nie, wessen Know-How irgendwann mal nützlich sein kann. Hier zahlen sich dann Vernetzung und Kontakte aus.

Eine Auflistung der AKs und AGs der Bundesländer findet ihr hier.

 

Zu Gast: Henriette Mühlmann (Europäisches Hansemuseum Lübeck//AK Volontariat im Deutschen Museumsbund), Lisa Ströer (Gedenk- und Bildungsstätte Andreasstraße Erfurt//AK Volontariat Mitteldeutschland), Dominik Olbrisch (Mies van der Rohe Haus Berlin//AG Volontariat Berlin & Brandenburg)
Redaktion/Moderation:
 Christian Bihn
Intro- und Outro-Musik: “Hau ab!” von der CD: „Bruders große Reise“, mit freundlicher Genehmigung von Stephan Völker (www.stephan-voelker.de)

Ein Projekt der Museumsstiftung Post und Telekommunikation

Autor: Christian Bihn, 21.04.2021

Schwierige Dinge

Schwierige Dinge

Buchübergabe Restitution Jüdisches Museum Heilbrunn

Im Zuge eines Forschungsprojekts konnte die Herkunftsgeschichte eines spannenden Sammlungsobjekts der Museumsstiftung Post & Telekommunikation näher beleuchtet werden. Der “Handlungs-Addreß-Kalender von Frankfurt (Main) 1807“ des Frankfurter Justiziars Dr. Ludwig Heilbrunn wurde im März 2021 dem Jüdischen Museum Frankfurt übergeben.

Restitution eines Buches des Frankfurter Justizrats Dr. Ludwig Heilbrunn

Bei Provenienzrecherchen fand sich in der Bibliothek des Museums für Kommunikation ein Band mit dem Exlibris von Ludwig Heilbrunn. Der “Handlungs-Addreß-Kalender von Frankfurt (Main) auf das Jahr 1807“ des jüdischen Frankfurter Justizrates Dr. Ludwig Heilbrunn wurde im März 2021 dem Jüdischen Museum Frankfurt übergeben. Als Praktikantin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit hatte ich die Chance, an diesem informellen Termin im coronabedingt geschlossenen Museum teilzunehmen.

Handels-Addreßkalender Heilbrunn

Die Beschäftigung mit der Herkunft von Sammlungsobjekten gehört zu den essentiellen Aufgaben der Forschung im Museum. Insbesondere bei Kulturgut, das während der Zeit des Nationalsozialismus in Sammlungen aufgenommen wurde, ist eine kritische Untersuchung wichtig. Denn mit NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut verbindet sich in der Forschung nach der Herkunft der Dinge, der „Provenienzforschung“, auch eine moralisch-ethische Frage. Häufig stehen dabei die unrechtmäßig enteigneten hochpreisigen Werke der bildenden Kunst wie beispielsweise im Fall Gurlitt im Fokus. Provenienzforschung nimmt aber auch die alltäglichen Dinge wie hier ein kleines Adressbuch in den Blick.

Dafür gibt es speziell ausgebildete Forscher: Von 2018 bis 2020 Peter Hirschmiller im Rahmen eines durch das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste (DZK) geförderten Provenienzforschungsprojekts die Sammlung der Museumsstiftung Post und Telekommunikation auf NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut.

Peter Hirschmiller überprüfte alle Objekteingänge, Ankäufe und Schenkungen des ehemaligen Reichspostmuseums von Händlern und von Privatpersonen. Grundlage waren die Erwerbsakten des Reichspostmuseums, der Vorgängerinstitution der Museumsstiftung, aus den Jahren 1933 bis 1945. Die Aufgabe war umfangreich: Von der Bibliothek, der Philatelie, historischen Beständen der Brief-, Schreib- und Feldpostkultur über Objekte wie Telegraphen, Telefone, Briefkästen und Fernseher bis hin zu Großobjekten wie Postkutschen, umfasst die Sammlung der Museumsstiftung viele unterschiedliche Exponate, die heute an drei verschiedenen Sammlungsstandorten in der Bundesrepublik aufbewahrt werden.

Die Druckstöcke von Helgoland: Provenienzforschung am Museum für Kommunikation Berlin

Die Frankfurter Persönlichkeit Ludwig Heilbrunn

Bei seiner Recherche stieß Hirschmiller auf den „Handlungs-Addreß-Kalender von Frankfurt (Main) auf das Jahr 1807“. Das Reichspostmuseum hatte das Büchlein am 25. Oktober 1939 von dem Frankfurter Antiquariat Albert Glücksmann für 20,- RM erworben. Nach der Tabelle der Bundesbank war die Kaufkraftberechnung für 1939 1 RM = 4,3 €, was einem Wert des Büchleins um 80 € entsprechen würde. Zur besseren Einschätzung: der Durchschnittslohn betrug 1939 2.092,- Reichsmark. Ein kunstvolles Exlibris – ein Stempel auf der Innenseite des Buchdeckels, der Auskunft über den/die Eigentümer*in gibt – weist darauf hin, dass es sich um ein Buch aus dem Besitz des Rechtsanwaltes Ludwig Heilbrunn handelt. Nach dem Novemberpogrom im Jahre 1938 war ihm die Flucht aus Frankfurt nach Großbritannien geglückt.

Ludwig Heilbrunn

Fotografie von Dr. Ludwig Heilbrunn

© Jüdisches Museum Frankfurt

Dr. jur. Dr. rer. pol. h. c. Ludwig Heilbrunn, geboren am 6. Oktober 1870 in Frankfurt/Main, war, wie ich in Erfahrung bringen konnte, ein angesehener Jurist, Politiker, Autor und Mäzen, der im Frankfurter Gesellschaftsleben eine  Rolle spielte. Er war Ehrenmitglied der Frankfurter Anwaltskammer und des Deutschen Anwaltsvereins und bekleidete ab 1910 auch verschiedene politische Posten. Als Freund und enger Mitarbeiter des Frankfurter Oberbürgermeisters Franz Adickes unterstützte er dessen Ideen und politische Pläne im Stadtparlament. Auch die Gründung der Frankfurter Universität, deren Kuratoriumsmitglied und späterer Ehrenbürger er war, unterstützte er von Beginn an.

Die „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten 1933 zerstörte das Leben der Familie Heilbrunn völlig. Zunächst wurde Heilbrunn gezwungen, sein Ausscheiden aus der Anwaltskammer zu erklären, kurze Zeit später wurde ihm das Notariat entzogen. Nachdem seine Ehefrau Clara (geb. Koch) 1936 verstorben war, die beiden Söhne Rudolf Moritz und Robert Hermann bereits emigriert waren und er neben zahlreichen anderen Demütigungen mit einem Berufsverbot belegt worden war, rettete sich Ludwig Heilbrunn 1939 mit knapp 70 Jahren nach Großbritannien, wo er isoliert und verarmt lebte. Der Grundbesitz der Familie wurde 1938/39 zwangsveräußert, auch Teile der wertvollen Privatbibliothek Ludwig Heilbrunns gingen im Zuge der Emigration verloren. „Ich selbst lebe als Bettler in London“, schrieb Heilbrunn 1945 in einem Brief an seinen Sohn Rudolf. 1949 kehrte er nach Deutschland zurück, zog jedoch bis zu seinem Lebensende 1951 nicht mehr nach Frankfurt.

Das Buch

Bei dem Buch selbst handelt es sich um den „Handlungs-Addreß-Kalender von Frankfurt (Main) auf das Jahr 1807 bei Johann Philipp Streng“. Auf der letzten Seite des Buches ist handschriftlich vermerkt, es handle sich um eine „Grosse Seltenheit! [sic]“. Der Eintrag stammt wohl von dem Antiquar, der das Buch dem Reichspostmuseum angeboten hat, nicht von seinem früheren Besitzer Ludwig Heilbrunn. Der „Handlungs-Addreß-Kalender“ umfasst nicht nur die Adressen der diversen Frankfurter Handelsfirmen, sondern auch nützliche Informationen über Marktzeiten und jüdische Feiertage, Bekanntmachungen, Post- und Kurierrouten sowie übliche Zustelldauern, Portopreise, An- und Abfahrtszeiten der Marktschiffe, Quartiereinteilungen der Frankfurter Innenstadt und vieles mehr. So stellte der Kalender in der Zeit seines Erscheinens sicherlich einen unschätzbaren informativen Wert für jeden dar, der in den Handel der Stadt involviert war. Heute bietet er einen faszinierenden Einblick in die Welt des Frankfurter Handels und zeichnet ein spannendes Bild der florierenden Handelsstadt zu Beginn des 19. Jahrhunderts.

Restitution und Buchübergabe
Erste Seite Heilbrunn

Bei der Recherche nach möglichen Erben stellte sich heraus, dass die zwei Söhne von Ludwig Heilbrunn, Rudolf und Robert, 1939 ebenfalls das Deutsche Reich verlassen hatten. Während sich die Spur des nach Amerika ausgewanderten Sohnes Robert verlor, war Rudolf Heilbrunn in die Niederlande ausgewandert und nach 1945 wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Seinen Nachlass hatte Rudolf dem Jüdischen Museum in Frankfurt vermacht. Daher erschien die Übergabe des Buches an das Jüdische Museum Frankfurt einer Restitution am nächsten zu kommen. Das Jüdische Museum verfügt über eine umfangreiche Sammlung zu Leben und Wirken Ludwig Heilbrunns und bewahrt das Familienarchiv sowie Teile der Privatbibliothek von Rudolf M. Heilbrunn auf. Darum kümmert sich u. a. die wissenschaftliche Mitarbeiterin für Zeitgeschichte Heike Drummer. Sie stimmte zu, das Buch in die Sammlung aufzunehmen. So wurde das Buch am 9. März dieses Jahres aus dem Besitz der Museumsstiftung Post und Telekommunikation an das Jüdische Museum Frankfurt übergeben.

Die Veranstaltung

Anlässlich des 120. Geburtstags von Rudolf M. Heilbrunn findet am 20. April 2021 um 19 Uhr eine öffentliche Veranstaltung zur Buchübergabe im Jüdischen Museum statt. Hier wird Peter Hirschmiller im Gespräch mit Dr. Corinna Engel (Museum für Kommunikation Frankfurt) und Heike Drummer (Jüdisches Museum Frankfurt) die Zusammenhänge und die Geschichte des Objekts näher erläutern.

Die Veranstaltung wird aufgrund der Pandemielage per Livestream übertragen und kann auf der Facebook-Seite und dem YouTube-Kanal des Jüdischen Museums Frankfurt verfolgt werden.

Anmeldungen zur Veranstaltung sind möglich unter: besuch.jmf@stadt-frankfurt.de.

 

Im Rahmen des Projekts “Schwierige Dinge!” beschäftigte sich 2018 auch das Stadtlabor des Historischen Museums Frankfurt mit Unterstützung des Fritz Bauer Instituts sowie des Jüdischen Museums Frankfurt mit der Provenienzforschung bei Alltagsgegenständen für die Zeit des Nationalsozialismus. Ergebnisse dieser Arbeit werden hier in kurzen Videos präsentiert.

 

Autorin: Violetta Wohland, 14.04.2021

Episode 6: Medien, Technologie, Internet

Episode 6: Medien, Technologie, Internet

VoloMuPo – Volontariat, Museum, Podcast

 

Das wissenschaftliche Volontariat ist so etwas wie die “Ausbildung” zum Museumsmenschen. Innerhalb von zwei Jahren erhält man Einblicke in alle Bereiche der Museumsarbeit. Vom Sammeln und Bewahren hin zur Museumspädagogik und Verwaltung. Doch wie sieht das genau aus? Was gibt es alles zu tun und welche möglichen Herausforderungen können einen erwarten? Diesen Fragen geht der VoloMuPo nach. Ein Podcast zum Informieren, Vernetzen und Austauschen für Volontär*innen, Interessierte und alle, die mal einen Blick hinter die Kulissen der Museumslandschaft schauen wollen.

Du absolvierst zurzeit dein wissenschaftliches Volontariat und möchtest gerne im VoloMuPo über deine Erfahrungen austauschen? Dann melde dich hier!

 

 

Museum + Objekt + Vitrine: Fertig? Weit verfehlt! Technologien und Medienvielfalt in der Ausstellung und auch Innovationen im Digitalem. Museen sind schon lange mehr als nur staubige Ausstellungshallen. Technologisierung und Digitalisierung spielen in kleinen Heimatmuseen bis zu großen Häusern gleichermaßen eine Rolle. Welche Möglichkeiten gibt es? Und wie sehen mögliche Umsetzungen aus?

Lasst uns darüber mal reden…

 

00:00:45 – Begrüßung

Wir sind mittlerweile bei Episode 6 angelangt und so viel sei verraten: Damit sind wir bei weitem noch nicht am Ende angekommen. An dieser Stelle ein riesiges Dankeschön an alle Volontär*innen, die bisher bei diesem Projekt mitgewirkt haben und wir freuen uns schon auf alle, die da noch kommen werden.

00:01:41 – Heute zu Gast

Heute meldet sich der PS.SPEICHER aus dem niedersächsischen Einbeck. Heute spricht Christian Bihn mit Cäcilia Plata und Constanze Klein. Beide absolvieren seit Sommer 2020 ihr wissenschaftliches Volontariat in einer der größten Fahrzeugsammlungen Europas. Ein Paradies für alle PS-Liebhaber*innen.

00:03:07 – Was ist der PS.SPEICHER

Der PS.SPEICHER ist in einem denkmalgeschützten ehemaligen Kornspeicher untergebracht. Auf sechs Etagen wird hier eine Zeitreise durch 200 Jahre Mobilitätsgeschichte präsentiert. Egal ob zwei, drei oder vier Räder. In weiteren Depots präsentiert der PS.SPEICHER seine umfassende Sammlung.

00:07:47 – Ein schwärmender Historiker

Christian kann seine Freude nicht verheimlichen. Schließlich kommt man, wenn man in der Opel-Stadt Rüsselsheim geboren wurde, an Technik- und Industriegeschichte vorbei. Kombiniert man das mit einer Sonderausstellung zu Opel-Automobilen, die im PS.SPEICHER gezeigt wird, erhält man einen überglücklichen Historiker.

00:10:10 – Das heutige Thema

Aber worum geht es in der heutigen Episode? Wir unterhalten uns über ein Thema, dass wirklich jedes Museum betrifft. Es geht um Medien und Technologien, die in der Museumsarbeit und Ausstellungen verwendet werden sowie Internetauftritte und der Bandbreite an Möglichkeiten, die darin zu finden sind, Wissen zu vermitteln.

00:15:50 – Ausstellungsgestaltung für alle Altersgruppen

Museen wollen natürlich alle Alters- und Gesellschaftsgruppen ansprechen, daher spielt die Ausstellungsgestaltung bereits eine große Rolle, um Zielgruppen für das ausgestellte Thema zu gewinnen. Für jedes Thema gibt es natürlich Liebhaber*innen, die man schnell überzeugen kann, aber erst, wenn für jeden etwas dabei ist, kann eine Ausstellung wirklich erfolgreich sein.

00:18:09 – Beacon-Technologie

Viele Museen setzen auf Audioguides, die man sich an der Museumskasse ausleihen kann. Diese decken eine Vielfalt an Medieninhalten ab. Sie können eine zusätzliche Inhaltsebene darstellen, Fremdsprachenführungen ermöglichen oder den inklusiven Zugang zur Ausstellung ermöglichen, z.B. durch Führungen in Leichter und Einfacher Sprache. Cäcilia berichten von der Beacon-Technologie, die das Eingeben von Zahlenkombinationen oder Scannen von QR-Codes erübrigt. Beacons starten Medieninhalte bereits beim Betreten eines Raums, sogar auf dem eigenen Smartphone.

00:22:40 – Digitale Ansätze, Internet und Social Media

Auch Museen kommen an der Digitalisierung nicht vorbei. Facebook, Instagram und Twitter zählen mittlerweile zur Grundausstattung jedes Hauses. Wie diese sozialen Medien jedoch genutzt werden, ist von Haus zu Haus unterschiedlich. Mal experimentell, mal zurückhaltender.

00:38:06 – Fahrzeug-Nostalgie

Klar ist, dass der PS.SPEICHER vor allem bei Technik-Freaks punkten kann. Aber das muss nicht heißen, dass man die Funktion von jedem Schräubchen an einem Motor kennen muss. Einmal in einen Oldtimer seine Runden drehen, kann schon ins Schwärmen bringen. Selbst eine verregnete Ausfahrt zum südhessischen Kornsand auf einem knapp 70 Jahre alten Moped mit sperriger Gangschaltung, wie Christian berichtet.

00:45:42 – Digitale Führungen und andere Angebote // Mut zur Imperfektion

Gerade in Zeiten von Corona rücken digitale Angebote immer häufiger in den Fokus von Museen, vor allem dann, wenn der Besuch im Haus aufgrund geschlossener Türen nicht möglich ist. Das dafür nicht immer direkt eine Medienagentur beauftragt werden muss, zeigen Beispiele aus eigener Produktion, die eines beweisen: Es muss nicht immer perfekt sein. Mut zur Imperfektion, so kann man es nennen, wenn Videos mal wackeln, Podcasts mit Internetproblemen zu kämpfen haben oder ein digitales Angebot mal zum Anfang nicht rund läuft. Fest steht: Man muss kein Medienprofi sein, um gute digitale Angebote zu schaffen, es reicht oftmals nur Neugier und Experimentierfreude.

01:05:51 – Letzter Werbeblock // Verabschiedung

Wenn es euch mal nach Niedersachsen verschlägt, schaut doch einmal in Einbeck beim PS.SPEICHER vorbei. Dasselbe gilt natürlich auch für die Museen für Kommunikation in Nürnberg, Frankfurt und Berlin. Ein ganz großes Dankeschön an Cäcilia und Constanze und an alle, die hier zuhören.

 

Zu Gast: Cäcilia Plata und Constanze Klein (PS.SPEICHER Einbeck)
Redaktion/Moderation:
 Christian Bihn
Intro- und Outro-Musik: “Hau ab!” von der CD: „Bruders große Reise“, mit freundlicher Genehmigung von Stephan Völker (www.stephan-voelker.de)

Ein Projekt der Museumsstiftung Post und Telekommunikation

Autor: Christian Bihn, 07.04.2021

Episode 5: Freilichtmuseen

Episode 5: Freilichtmuseen

VoloMuPo – Volontariat, Museum, Podcast

 

Das wissenschaftliche Volontariat ist so etwas wie die “Ausbildung” zum Museumsmenschen. Innerhalb von zwei Jahren erhält man Einblicke in alle Bereiche der Museumsarbeit. Vom Sammeln und Bewahren hin zur Museumspädagogik und Verwaltung. Doch wie sieht das genau aus? Was gibt es alles zu tun und welche möglichen Herausforderungen können einen erwarten? Diesen Fragen geht der VoloMuPo nach. Ein Podcast zum Informieren, Vernetzen und Austauschen für Volontär*innen, Interessierte und alle, die mal einen Blick hinter die Kulissen der Museumslandschaft schauen wollen.

Du absolvierst zurzeit dein wissenschaftliches Volontariat und möchtest gerne im VoloMuPo über deine Erfahrungen austauschen? Dann melde dich hier!

 

 

Eine wissenschaftliches Volontariat zwischen Fachwerkhäusern und Museumstieren? In Freilichtmuseen ist so etwas möglich. Hier treffen klassische Museumsarbeit auf hautnahe Vermittlungsangebote zu längst vergangenen Lebenswelten. Wie sieht ein Volontariat in einem Freilichtmuseum aus? Und was haben Reenactments und ein Schlachtfest damit zu tun?

Lasst uns darüber mal reden…

 

00:00:45 – Begrüßung

Willkommen zur fünften Episode des VoloMuPo. Heute werfen wir einen Blick auf eine besondere Museumsart und wie dort ein wissenschaftliches Volontariat aussehen kann.

00:01:18 – Heute zu Gast

Heute mit dabei sind Nicole Naumann, wissenschaftliche Volontärin im Freilichtmuseum am Kiekeberg bei Hamburg und Jonas Blum, wissenschaftlicher Volontär im Fränkischen Freilandmuseum Bad Windsheim.

00:02:29 – Nicole Naumann (Freilichtmuseum am Kiekeberg)

Nicole hat es von Süddeutschland in den hohen Norden gezogen. Seit Februar 2020 ist sie Volontärin am Kiekeberg. Sie ist vor allem im Bereich Agrargeschichte eingesetzt und verbringt ihren Arbeitstag zwischen Schreibtisch, Feld und Ställen.

00:03:38 – Jonas Blum (Fränkisches Freilandmuseum Bad Windsheim)

Jonas ist seit Juli 2019 im fränkischen Bad Windsheim. Passend zu seinem Studium begleitet er den Aufbau einer historischen Synagoge auf dem Museumsgelände und hilft fleißig an der Entwicklung der Dauer- und Sonderausstellungen.

00:05:15 – Das heutige Thema

Wir schauen uns Freilichtmuseen als eine besondere Form von Ausstellungen etwas genauer an. Welche Unterschiede gibt z.B. zu einem klassischen Haus? Kommenden im Freilichtmuseum Methoden zum Einsatz, die im klassischen Ausstellungshaus vielleicht nicht funktionieren? Und wie wirkt sich das auf die Arbeit von wissenschaftlichen Volontär:innen aus?

00:12:53 – Living History // Vermittlungskonzepte

Der wohl größte Vorteil von Freilichtmuseen ist die Erlebbarkeit vergangener Lebenswelten. In rekonstruierten Gebäuden können Objekte in einer natürlicheren Atmosphäre präsentiert und thematisiert werden, als es z.B. in einem klassischen Ausstellungshaus der Fall wäre. Hinzu kommt die Einbindung von Living History, d.h. das Nachstellen von Dorf- und Handwerksalltag. Feldarbeit, Schmiedearbeit oder sogar ein Schlachtfest machen Vergangenheit auf mehreren Ebenen erlebbarer, als die bloße Präsentation der notwendigen Werkzeuge und Materialien.

00:28:57 – Besucher*innenwahrnehmung

Jedoch sollte dabei nicht der Eindruck eines heimeligen Idylls entstehen. Oftmals ist ein historisches Reenactment in Form von Living History eine Gratwanderung zwischen historisch-korrekter Darstellung und nostalgischer Romantisierung. Nicole und Jonas berichten darüber, wie man einem solchen Idyll entgegenwirken kann.

00:36:10 – Jüdische Geschichte in Ausstellungen // Synagoge in Bad WIndsheim

Die Rekonstruktion einer Synagoge im Freilandmuseum Bad Windsheim führt uns zu einem kleinen Exkurs  zur Art und Weise, wie jüdische Geschichte in Museen dargestellt wird. Wie kann eine rekonstruierte Synagoge eingesetzt werden, um das alltägliche jüdische Leben in einer Gemeinde darzustellen? Und welche verknüpft man das mit religiösen Gemeinden in der Gegenwart.

00:44:30 – Führungen im Freilichtmuseum

Wie sieht eigentlich eine Führung durch ein Freilichtmuseum aus? Welche Themen können behandelt werden und welche Rolle spielen praktische Erfahrungen dabei? Natürlich darf auch die versöhnliche Antworte der Museumspädagogik „Inhalt der Führung ist von der Gruppe abhängig“ nicht fehlen.

00:51:00 – Das Tier und Wir

Zu Freilichtmuseen gehören in der Regel auch Museumstiere, egal ob historische oder regionale Rassen. Und die müssen selbstverständlich auch versorgt werden. Ein Themenfeld, dass im klassischen Museum ausbleibt und ein Highlight nicht nur für Besucher:innen, sondern auch die Mitarbeiter*innen.

01:01:30 – Letzter Werbeblock // Verabschiedung

Auch abseits von Schulausflügen lohnt sich der Besuch in Freilichtmuseen. Bringt viel Zeit und gutes Wetter mit, wenn ihr euch auf den Weg zum Kiekeberg oder nach Bad Windsheim macht. Vielen Dank an Nicole und Jonas für ihre Einblicke und vielen Dank fürs Zuhören.

 

Zu Gast: Nicole Naumann (Freilichtmuseum am Kiekeberg), Jonas Blum (Fränkisches Freilandmuseum Bad Windsheim)
Redaktion/Moderation:
 Christian Bihn
Intro- und Outro-Musik: “Hau ab!” von der CD: „Bruders große Reise“, mit freundlicher Genehmigung von Stephan Völker (www.stephan-voelker.de)

Ein Projekt der Museumsstiftung Post und Telekommunikation

Autor: Christian Bihn, 31.03.2021