„Ups, Sie sind ja da?“ – Was Museumspädagog*innen ohne Besucher*innen tun

„Ups, Sie sind ja da?“ – Was Museumspädagog*innen ohne Besucher*innen tun

 

Arbeitsplatzbeschreibung: flexibel, kreativ, teamfähig, kommunikativ und…
…eine gehörige Portion Improvisation.

Freitag kurz vor neun Uhr im headquarter Bildung und Vermittlung herrscht Hochbetrieb: vier besetzte Schreibtische, Telefonklingeln, Ausstellungspläne an der Wand, tablets auf dem Tisch, Konzeptionen, Zeichnungen, Fotos vom Ferienprojekt in Bearbeitung. Die Pinnwände voller Projektideen, die Wände gespickt mit Klebezetteln vom Teambrainstorming. Zwei Kolleg*innen kommen rein, stellen Fragen zur nächsten Sonderausstellung, der Empfang ruft an, eine freie Mitarbeiterin stehe im Stau und verspätet sich und eine/r von uns flitzt rüber ins Museum und springt bei einer der fünf Schulklassen ein, die einen medienpädagogischen Workshop gebucht haben. Währenddessen laufen die Vorbereitungen für die Lange Nacht der Museen und das nächste Kooperationsprojekt weiter. Viele wunderbare unterschiedliche Aufgaben.

Wildes Denken statt Alltagsgeschäft

 

Eigentlich…seit einem Monat ist alles etwas anders. Wir arbeiten mobil von zuhause aus, wie die meisten von euch auch und kommen nur noch abwechselnd ins Museum. Meetings und Kooperationsgespräche finden auch hier per Video- oder Telefonkonferenz statt. Das Telefon im Büro schweigt, nur ein paar wenige mutige Buchungsanfragen für Mai landen in unserm Anfragepostfach. Aber wir finden auch Zeit, Konzeptionen zu überarbeiten, Führungen zu übersetzen und inklusive Angebote zu entwickeln. Schubladenprojekte, für die im Alltag wenig Zeit bleibt, werden hervorgekramt und endlich angegangen. Und das Wichtigste: wir halten Kontakt und vergeben Aufgaben an unsere 24 freien Mitarbeiter*innen, mit denen wir gemeinsam unser pädagogisches Programm umsetzen.
Wir unterstützen die Kolleg*innen, die an den nächsten Ausstellungen arbeiten, mit unserem pädagogischen Blick auf die Inhalte und Umsetzungsideen und lesen uns fleißig in die Themen ein.

Die Discovery-Box

 

Ein Herzensprojekt, unsere discovery box, hat endlich Raum und Zeit fertig zu werden. Sie bietet, Klassen ohne gebuchten Rundgang, einen roten Faden, die Dauerausstellung „Mediengeschichte/n neu erzählt“ in Kleingruppen zu entdecken. Für die SuS ab Jahrgangsstufe 7. digital, für die jüngeren analog. All das passiert in Abstimmung mit Grafikerin, Programmierer und Schüler*innen als Tester*innen(zur Zeit allerdings nur digital).

Tagsüber alleine im Museum (noch)

Ja, ich gestehe, sie fehlen uns die Besucher*innen – die kleinen und großen, die jungen und jung gebliebenen. Manchmal schlendere ich alleine durch das menschenleere Museum und bilde mir ein, die Geräusche von Schulklassen und Kinderlachen zu hören, das Klingeln der alten Wandapparate oder das Rattern der Briefsortiermaschine…

 

Heute klingelte unser Anfragetelefon und eine ganz überraschte Anruferin sagte:“ Ups, Sie sind ja da! Ich dachte Sie hätten frei!“

Autorin: Nina Voborsky, 17.04.2020

Episode 7: Was sind OER?

Episode 7: Was sind OER?


Der Erklärpodcast zum Digitalen Wandel widmet sich zentralen Begriffen der Digitalisierung: Von A wie Algorithmen bis S wie Social Scoring reicht das Themenspektrum. Der Podcast ist Teil des Dialogprojekts “Leben & Lernen X.0” am Museum für Kommunikation Frankfurt, in dem im Dialog mit der Bürgerschaft Fragen zur Zukunft der Bildung, Arbeit und Demokratie verhandelt werden.

“Was sind OER?” fragt Tine Nowak als Gastgeberin des Leben X.0-Podcasts. Als Co-Moderator ist dieses Mal Stefan Jahrling dabei, er arbeitet als Medienpädagoge am Museum für Kommunikation Berlin. Nach einem Blick in die Wikipedia entfalten drei Expert*innen den Begriff der Open Educational Resources (OER) aus unterschiedlichen Blickrichtungen: Anja Lorenz (TH Lübeck) führt grundlegend in den Begriff ein, Lawrence Lessig (Harvard Law School & Harvard University) blickt zurück, als Creative Commons gegründet wurden und Christian Friedrich (Wikimedia Deutschland) spricht über den Nutzen von OER gerade für Lernen in einer digital geprägten Welt.

Die folgenden Kapitel lassen sich im Player direkt ansteuern, wenn man im Player (oben) über “Alle Episode” das Icon ganz links anklickt, damit öffnet sich das Kapitelverzeichnis.

00:00:39 Einstieg mit Stefan Jahrling
Stefan Jahrling ist Medienpädagoge am Museum für Kommunikation Berlin. Er befasst sich da mit klassischer Museumspädagogik, allerdings mit einem medienpädagogischen Fokus: dem Einsatz von Medien in der Vermittlung, Medienkompetenzförderung, sowie Themen wie Cybermobbing oder Fake News. Museen versteht er als Orte der Bildung.

00:03:44 Podcast-Konzept
Der Podcast erläutert in jeder Episode ein Schlagwort der Digitalisierung. Die Begriffe wurden durch ein Publikumsvoting ermittelt. Immer eine* andere* Museumskollegin oder ein -kollege aus der Museumsstiftung ist als Co-Moderation dabei, zudem wird der Begriff in der Wikipedia nachgeschlagen und es gibt Erläuterungen von drei verschiedenen Expert*innen.

00:05:01 Begriffsklärung OER
Stefan Jahrling beschreibt OER als freie Bildungsmaterialien, die zur Nutzung frei gestellt wurden. Er selbst verwendet auch OER, diese sind gerade im Bereich Medien und Medienpädagogik sinnvoll, weil das Thema ständig im Wandel ist.

00:06:37 Wikipedia: Open Educational Resources
In allen Episoden wird als Ausgangspunkt des Podcasts der erste Absatz des Wikipedia-Artikels zum Thema – OpenEducational Resources – vorgelesen. In diesem Fall ist es jedoch nur ein Auszug, da der ganze Absatz etwas länger ist. In dem Absatz werden OER als freie Lern- und Lehrmaterialien mit einer offenen Lizenz beschrieben, als Anwendungsfelder werden zunächst die Fern- und Hochschulbildung benannt. Etwas überraschend erscheint der prominente Verweis auf Reputationsarbeit als Motiv der Autor*innen, da von Stefan Jahrling und Tine Nowak die Community stärker von Aktivismus und dem Sharing-Gedanken geprägt erlebt wird. Die Wikipedia ist ein weitverbreitetes Beispiel für die Verwendung von Creative Commons Lizenzen, und kann durch dieses Lizenzmodell selbst als offene Bildungsresource genutzt werden.

00:11:08 Anja Lorenz
Anja Lorenz ist Online-Redakteurin und MOOC-Makerin am Institut für Lerndienstleistungen der Technischen Hochschule Lübeck. Dort finden sich u.a. auch Onlinekurse zu OER statt (z.B. #COER16). Zudem ist sie die eine Hälfte des BildAltEntf-Podcasts. Sie erläutert, dass OER-Bildungsmaterialien verschieden sind: das können Arbeitsblätter, Videos oder ganze Kurse sein. Das O steht für Open also offen, das heißt zumeist kostenlos und frei zugänglich. Der englische Begriff der Open Educational Resources hat sich auch in Deutschland durchgesetzt, er ist durch den internationalen Diskurs geprägt worden. Eingeführt wurde der Begriff OER 2002 in einem Abschlussbericht der UNESCO, in dem stand, dass Bildungsmaterialien im Idealfall offen und frei und für alle nutzbar sein sollten. Diese OER können in allen Bildungsbereichen eingesetzt werden, sowohl in der informellen Bildung als auch in den Schulen oder Hochschulen. Anja Lorenz würde zum Start von OER drei Dinge vorschlagen: 1) den MOOC zum OER-Fachexpert*innen #OERexp, der im März 2020 neu startet. 2) Die Webseite der OER Infostelle: https://open-educational-resources.de. 3) Und zuletzt eines der OER Camps, die nächsten finden im Februar und März 2020 in Berlin und Bonn statt. Als weitere Quellen und Orte von OER ergänzt Stefan Jahrling z.B. das Medienpädagogok-Praxis Blog und die Medienpädagogik-Praxis Camps.

00:31:12 Lawrence Lessig
Lawrence Lessig gehört zum Gründungs-Team der Creative Commons-Lizenzen. Er Professor für Rechtswissenschaften (Harvard Law School und Harvard University). Er berichtet von den Anfängen der Creative Commons (CC). In den frühen Jahren, so um Jahr 2002/03 erlebte er das Web als von “Urheberrechts-Kriegen” geprägt, mit polarisierenden Positionen von Urheberrechts-Extremist*innen und Urheberrechts-Anarchist*innen. Die Creative Commons-Lizenzen brachten eine Alternative ins Spiel. Die Innovation in der Arbeit an den Lizenzen selbst beschreibt Lessig als vergleichweise langweilig, wenn man die Möglichkeiten in der Anwendung betrachtet. Die Wissenschafts- und Bildungs-Communities testeten die neuen Lizenzen in aufregenderen Bereichen aus. Der Einsatz von CC-Materialien veränderte das Lehr-/Lern-Setting. Lehrmaterialien selbst zu erstellen und verändern zu können hat die Art zu Lehren geprägt. Die CC-Lizenzen waren nicht die ersten freien Lizenzen: die Free Software Foundation und Open-Source-Bewegung war hier schon vorab aktiv. Doch diese Lizenzen eignen sich besser für Software und weniger gut für kulturelle Erzeugnisse. Die Herausforderung bestand darin, so Lessig, ein Umfeld zu fördern, dass die Menschen dazu ermutigte, Dinge zu tun, die niemand zuvor geplant hatte. Diese Innvationsfreiheit sei ein Grundpfeiler des freien Internets, die er durch geschlossene Plattformen wie z.B. Facebook bedroht sieht. Das freie Internet sei wichtig für die Freiheit der Bildung.
Disclaimer: Das Gespräch mit Lessig fand am 12.9. in der Wikimedia statt. Wir empfehlen den zur Netzpolitik-Tagung aufgenommenen Netzpolitik-Podcast zu hören, in dem sich Lessig u.a. zu einem am 14.9. in der New York Times veröffentlichten Interview äußert. Die im Podcast thematisierten Äußerungen Lessigs zum MIT und den von dort angenommenen Epstein-Spenden werden bis heute kritisch diskutiert. Beim Podcastgespräch war dieser Diskurs uns selbst nicht präsent gewesen, sie blieb somit nicht wissentlich unerwähnt.

00:55:57 Christian Friedrich
Christian Friedrich ist Referent für Bildung und Wissenschaft bei der Wikimedia in Deutschland, außerdem ist er freiberuflich im Bereich Bildung & „Open Educational Resources“ tätig. Er ist zudem Podcast-Gastgeber und Teil des „Feierabendbier Open Education“-Podcasts. Er beschreibt OER als eines der Kernthemen für Wikimedia Deutschland und OER als freie Bildungsmaterialien sind somit Teil seiner Arbeit. Dabei ist für ihn der Aspekt der Öffnung von Bildung immens wichtig. Martin Weller (Open University) spricht von der Wikipedia als eine der ersten Open Education Resources. Das Problem, dass dem allem eigentlich zugrunde liegt ist jedoch das Urheberrecht, das nicht mehr zeitgemäß ist, gerade wenn es um Bildungsmaterialien geht. OER seien nicht Selbstzweck, sondern derzeit notwendige Krücken. Nicht überall ist das Urheberrecht der Hauptmotor für offene Bildungsmaerialien. In einer globalen Perspektiven kommen Faktoren wie Ungleichheit hinzu, für die OER einer der Lösungswege sein kann. Er fragt sich mit Blick auf das deutsche Bildungssystem, warum so wenig Bildungsmaterialien öffentlich finanziert werden. Es gäbe ein Ungleichgewicht in Hinblick auf kommerzielle Anbieter, was gar nicht bedeutet solle, dass Bildung umsonst sein müsse oder nichts kosten dürfe, nur die Kosten müssten anders verteilt werden. Und man müsse generell öffentlich über eine Haltung zu digitaler Bildung und Lernen digital nachdenken.

01:17:14 Resümee
Stefan Jahrling resümmiert, dass Bildungsarbeit und Bildungspolitik hier stärker gefordert sein sollten: in Bildung müsse stärker investiert werden. Creative Commons und freie Bildungsmaterialien sieht er als Riesenchance, um Bildung voranzubringen. Auch wenn OER für ihn persönlich kein neues Thema sind, hat ihn im Verlauf der Episode der Gedanke beschäftigt, dass es bei seiner eigenen Arbeit im Museum großes Potential gibt, in Richtung offener Bildungsmaterialen zu arbeiten. Wichtig scheint ihm auch – gerade aus den Reihen der Museen – dass man politisch forden müsse, dass Bildungsarbeit kostet und verweist dabei auf ein Zitat von Derek Bok (Havard University):  “If you think education is expensive, try ignorance”.

01:20:40 Abschied
Wir verweisen bei der Gelegenheit gleich noch auf die nächste Episode zu: Was ist Arbeit 4.0?

01:21:25 Extra track: Lawrence Lessig and OER (in english)
The interview with Lawrence Lessig took place on 12th of September at Wikimedia Germany: Lawrence Lessig is part of the founding team of Creative Commons Licenses. He is Professor of Law (Harvard Law School and Harvard University). He reports on the beginnings of the Creative Commons movement. In the early years, around 2002/03, he experienced the Web as being marked by “copyright wars”, with polarizing positions of copyright extremists and copyright anarchists. The Creative Commons licenses brought an alternative into play. Lessig describes the innovation in the work on the licenses themselves as comparatively boring when one considers the possibilities in application. The scientific and educational communities tested the new licenses in more exciting ways. The use of CC materials changed the teaching and earning setting. Being able to create and modify educational materials yourself has shaped the way teaching is done. The CC licenses were not the first free licenses: the Free Software Foundation and Open Source movement had been active in this area before. But these licenses are more suitable for software and less suitable for cultural products. The challenge, according to Lessig, was to foster an environment that encouraged people to do things that no one had ever planned for. This freedom of innovation is a cornerstone of the free Internet, which he sees threatened by closed platforms and ‘walled gardens’ such as Facebook. The free internet is important for the freedom of education.
Disclaimer: We recommend in this context listening to the Net Politics Podcast (NPP 184) recorded at the Netzpolitik Conference in Berlin, in which Lessig comments on his Medium article and an interview published in the New York Times on 14th of September. Lessig’s comments on MIT and the Epstein donations accepted by MIT are still being critically discussed.

Gibt es zu der Episode noch offene Fragen oder Ergänzungen? Dann schreibt uns per Mail oder Twitter (@mfk_frankfurt mit Hashtag #LebenX0). Wenn die Episode oder der Podcast Euch gefallen hat, dann könnt Ihr uns mit einer Bewertung oder Rezension bei iTunes eine Freude machen.

Ein Podcast des Museums für Kommunikation Frankfurt (Museumsstiftung Post und Telekommunikation).

Gäste: Anja Lorenz, Lawrence Lessig und Christian Friedrich
Co-Moderator: Stefan Jahrling
Redaktion/Produktion: Tine Nowak
Sprecher Lessig: Marc Rodriguez
Lizenz: CC-BY SA 4.0
Intro-Musik: “F” by Initials DC (mit freundlicher Genehmigung).
Remix mit Tonfragmenten aus der Sammlung der MSPT durch Uvo Pauls.

Autorin: Tine Nowak

Episode 2: Was ist Medienkompetenz?

Episode 2: Was ist Medienkompetenz?

Der Erklärpodcast zum Digitalen Wandel widmet sich zentralen Begriffen der Digitalisierung: Von A wie Algorithmen bis S wie Social Scoring reicht das Themenspektrum. Der Podcast ist Teil des Dialogprojekts “Leben & Lernen X.0” am Museum für Kommunikation Frankfurt, in dem im Dialog mit der Bürgerschaft Fragen zur Zukunft der Bildung, Abeit und Demokratie verhandelt werden.

Die zweite Episode des Leben X.0-Podcasts am Museum für Kommunikation Frankfurt fragt: Was ist Medienkompetenz? Neben Podcast-Gastgeberin Tine Nowak ist diesmal als Co-Moderatorin Medienpädagogin Nina Voborsky mit an Bord des Erklärpodcasts zum Digitalen Wandel. Mit einem Blick in die Wikipedia und mit drei unterschiedlichen Perspektiven auf den Begriff von Kai Hugger, Beate Kremser und Christian Friedrich versuchen Tine Nowak und Nina Voborsky sich dem Begriff der Medienkompetenz mit seinen verschiedenen Dimensionen im Gespräch zu nähern.

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00:00:17 – Begrüßung

00:00:57 – Co-Moderatorin Nina Voborsky & Medienpädagogik im Museum
In jeder Episode ist eine andere Museumskollegin oder ein -kollege als Co-Moderation dabei. In dieser Episode ist es Nina Voborsky, die als Medienpädagogin im Museum für Kommunikation in Frankfurt tätig ist. Der Begriff Medienkompetenz ist für sie relevant, da sich beim Kuratieren der Kommunikations- und Mediengeschichte immer die Frage stellt, wie man die Inhalte am besten an die Besucherinnen und Besucher vermittelt. Themen wie Fake News und Hate Speech sind aktuelle Herausforderungen, für die Medienkompetenz wichtig ist. Durch Programme des Museums für alle verschiedenen Altersgruppen soll Medienkompetenz gefördert werden.

00:06:40 – Wikipedia: Medienkompetenz
Die Wikipedia ist ein viel genutztes Nachschlagewerk, weshalb Tine Nowak als Ausgangspunkt des Podcasts den ersten Absatz des Wikipedia-Artikels über Medienkompetenz vorliest. Inwiefern ist die Definition zutreffend? Es wird zu den drei Gesprächspartner*innen übergeleitet, die in Folge ihre Sichtweise auf den Begriff „Medienkompetenz“ darstellen, ihn erweitern und Antworten auf die gestellte Frage liefern.

00:12:01 – Kai Hugger
Kai Hugger ist Professor für Medienpädagogik an der Universität zu Köln. An der Universität Bielefeld hat er mit Dieter Baacke zusammengearbeitet, der den Begriff der Medienkompetenz maßgeblich geprägt hat. Kai Hugger zufolge ist Medienkompetenz die Lösung für ein Dilemma: Der Umgang mit Medien ermöglicht ein großes Maß an Freiheit, es braucht aber auch gerade bei Kindern und Jugendlichen Grenzen. Medienkompetenz soll den selbstständigen Umgang mit Medien ermöglichen. Kai Hugger erzählt außerdem, wie der Begriff Medienkompetenz entstand. In den 1970er Jahren gab es eine Kompetenzdebatte in den Wissenschaften. Aus Habermas’ Begriff der „kommunikativen Kompetenz“ und Chomskys „Sprachkompetenz“ entwickelte Baacke mit Blick auf die pädagogischen Aspekte Mitte der 90er Jahre das Konzept der Medienkompetenz. Die Wahl dieses Zeitpunkts hängt stark mit der zunehmenden Nutzung des Internets zusammen. Medienkompetenz lässt sich in vier Dimensionen einteilen: Medienkunde, Mediennutzung, Medienkritikfähigkeit und Mediengestaltung. Kai Hugger führt als Schwäche des Begriffs auf, dass dieser von vielen Personen mit unterschiedlichen Hintergründen verwendet wird und instrumentalisiert werden kann.

00:38:18 – Beate Kremser
Beate Kremser ist Medien- und Sozialpädagogin und hat beim Infocafé Neu Isenburg, einem medienpädagogisch orientieren Kinder- und Jugendtreff, gearbeitet. Mittlerweile ist sie bei der Stadt Frankfurt beim Jugend- und Sozialamt im Bereich des präventiven Jugendschutz tätig. Außerdem wirkt sie beim Projekt der Digitalen Helden mit, in dem es um die Peer-to-peer-Förderung von Medienkompetenz an Schulen geht. Sie erzählt über ihre Arbeit im Infocafé. Dort geht es darum, Medienkompetenz auf alltägliche, praktische Art zu vermitteln. Anstatt Kontrolle steht Kommunikation hier im Vordergrund, man tauscht sich mit den Jugendlichen aus und gibt ihnen die Möglichkeit, die medialen Inhalte kritisch zu hinterfragen. Dabei erachtet Beate Kremser es als wichtig, nicht nur die Jugendlichen, sondern auch die Eltern und Lehrkräfte mit Medienkompetenz zu befähigen. Besonders von Bedeutung ist für sie, das richtige Maß im Umgang mit digitalen Medien zu finden. Beispielsweise die Social Media tragen in einem erheblichen Maß zu Identitätsbildung ihrer Nutzer*innen bei. Beate Kremser findet, dass die Eltern und Lehrkräfte als Vorbilder fungieren und somit den Kindern und Jugendlichen einen angemessenen Umgang mit Medien vorleben sollten.

00:56:46 – Christian Friedrich
Christian Friedrich ist Referent für Bildung und Wissenschaft bei der Wikimedia in Deutschland, außerdem ist er freiberuflich im Bereich Bildung & „Open Educational Resources“ tätig. Er ist zudem Podcast-Gastgeber und Teil des „Feierabendbier Open Education“-Podcasts. Christian Friedrich erklärt. was Digital Literacies sind, indem er sie den Digital Skills gegenüberstellt. Bei den Digital Literacies steht mehr der Kontext und die beteiligten Personen im Vordergrund. Außerdem ist das Ziel des eigenen Handelns von zentraler Bedeutung. Mehr über Digital Literacies erklärt Christian Friedrich auch in seinem Wikimedia-Artikel. Die Wikimedia arbeitet darauf hin, sich mit unterschiedlichen Organisationen zusammenzutun, durch welche die Öffnung von Bildung und gesellschaftlicher Partizipation gefördert werden soll. Die Gesellschaft ist ohne Frage digital geprägt und die Meinungsbildung, die online stattfindet hat einen großen Einfluss auf das reale Leben. Für die Politiker bleibt dabei die Frage offen, inwiefern Rahmenbedingungen und Regulierungen für den digitalen Raum geschaffen werden sollen und ob alle Menschen an diesem Meinungsbildungsprozess teilhaben sollten. Christian Friedrich ist der Meinung, dass jeder in der Lage ist, an diesem Prozess mitzuwirken und möchte selbst zu dieser Entwicklung beitragen.

01:21:40 – Resümee
Mit einem Rückblick auf den Wikipedia-Artikel schlussfolgern Nina Voborsky und Tine Nowak, dass für sie die Definition von Medienkompetenz erweitert werden müsste, da die Gesellschaft sich verändert hat. Es ist wichtig, immer weiter zu verhandeln was für eine Medienkompetenz für die jeweiligen technischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen bedeutsam ist. Schließlich gibt es noch einen Ausblick auf die nächste Folge. In dieser wird die Frage, was Algorithmen sind, beantwortet.

Gibt es zu der Episode noch offene Fragen oder Ergänzungen? Dann schreibt uns per Mail oder Twitter (@mfk_frankfurt mit Hashtag #LebenX0). Wenn die Episode oder der Podcast Euch gefallen hat, dann könnt Ihr uns mit einer Bewertung oder Rezension bei iTunes eine Freude machen.

Ein Podcast des Museums für Kommunikation Frankfurt (Museumsstiftung Post und Telekommunikation).

Gäste: Kai Hugger, Beate Kremser und Christian Friedrich
Co-Moderatorin: Nina Voborsky
Redaktion/Produktion: Tine Nowak
Lizenz: CC-BY SA 4.0
Intro-Musik: “F” by Initials DC (mit freundlicher Genehmigung). Remix mit Tonfragmenten aus der Sammlung der MSPT durch Uvo Pauls.

 

Autorinnen: Tine Nowak / Irma Perizonius