#Museenentdecken – Audiowalk durch das Sammlungsdepot Heusenstamm

#Museenentdecken – Audiowalk durch das Sammlungsdepot Heusenstamm

Jedes Jahr zum Internationale Museumstag öffnet das Sammlungsdepot Heusenstamm der Museumsstiftung Post & Telekommunikation seine Türen für die Öffentlichkeit:  Kleine und große Besucher*innen können bei Führungen auf Entdeckungsreise durch die spannende Geschichte der Kommunikation gehen und einen Blick hinter die Kulissen werfen. Doch dieses Jahr fällt der Tag der Offenen Tür, bei dem sonst etwa 700-800 Besucher*innen den Weg ins Sammlungsdepot finden, aufgrund der Corona-Präventionsmassnehmen aus. Dem Motto #Museenentdecken des Deutschen Museumsbundes folgend, nehmen wir Euch deshalb digital mit  auf einen Spaziergang durch unsere Sammlungen.

Ein Audiowalk mit Frank Gnegel

Den 30-minütigen Audiowalk unternimmt Frank Gnegel (Sammlungsleiter des Depots Heusenstamm) mit mir Tine Nowak – der Autorin des Artikels. In den 30 Minuten führt uns der Weg zu ausgewählten Stationen der Sammlung, die Auswahl ist denkbargroß: 375.000 Objekte aus der Post- und Telekommunikationsgeschichte wie Postkutschen, Gemälde, Telefone, Radios und Fernsehgeräte, Postspielzeug und viele andere Objekte aus der Geschichte der Nachrichtentechnik werden in den Sammlungshallen- und räumen auf 15.000 qm aufbewahrt.

00:00:43 – Das Depot der Museumsstiftung Post und Telekommunikation in Heusenstamm
00:02:30 – Audiowalk zum Internationalen Museumstag 2020
00:05:16 – Große Fahrzeughalle und Elektrofahrzeuge
00:10:20 – Postkutschen
00:13:05 – Funk- und Fernsehfahrzeuge
00:14:26 – Fernmeldenotdienst
00:16:04 – Weg in die unteren Magazine
00:18:02 – Bildtelefonie
00:19:56 – Die Kunstsammlung
00:24:58 – Verschlüsselungstechnik
00:26:10 – Telegrafie

 

Internationaler Museumstag

Zum Tag der offenen Tür im Sammlungsdepot öffnen die Sammlungsmitarbeiter*innen nicht nur die Tore für Gäste, es gibt auch zusätzlich Programm für Kinder und Erwachsene von einer Sammlungs-Ralley über das Internationale Treffen der Sammler*innen historischer Postfahrzeuge, bei dem es auf dem Außengelände immer zahlreiche liebevoll restaurierte Postfahrzeuge – vom Postmoped bis zum fahrbaren Postamt – zu bestaunen gibt. Der historische Postbus von 1963 lädt an diesem Tag ebenfalls zur Rundfahrt durch Heusenstamm einladen. Im Depot werden mehrmals am Tag Führungen – auch zu den unterirdischen Magazinräumen angeboten, in die man sonst als Besucher*in keinen Zutritt bekommt. Wann es wieder möglich sein wird, an den monatlichen Depotführungen teilzunehmen, erfährt man am besten über die Sammlungsseite oder den Newsletter des Museums für Kommunikation Frankfurt. Auch wenn das Museum im Frankfurt seit 12. Mai wieder mit Auflagen geöffnet ist, ein Event wie den ICOM-Tag ist derzeit noch nicht zu realisieren, daher gibt es diesen Audiowalk als virtuelle Tour.

 

Große Fahrzeughalle und Elektrofahrzeuge

Schon 1899 experimentierte die Reichspost mit Elektrofahrzeugen. Der Benzinmotor war noch nicht sehr weit entwickelt, und im Stadtbetrieb mit häufigen Stopps war der Elektromotor im Vorteil, da er im Stand keine Energie verbrauchte. Als in den 1920er Jahren die Paketzustellung von pferdebespannten Paketwagen auf Kraftfahrzeuge umgestellt wurde, setzte man hierfür oft Lastwagen mit Elektroantrieb ein, darunter ist bspw. auch der “Elektrischer Paketzustellwagen Bergmann BEL 2500 (Suppentriesel)” von 1920.

 

Postkutschen

Die Museumsstiftung verfügt über einen einmaligen Bestand von 48 Postkutschen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, darunter Personenpostwagen, Güterpostwagen, Karriolpostwagen, Paketzustellwagen, Landbriefträgerwagen und Postschlitten.

 

Funk- und Fernsehfahrzeuge

In der Sammlung der Museumsstiftung gibt es knapp zehn solcher „Studios auf Rädern“, die Mehrzahl von ihnen stammt von der „blauen Post“ der ehemaligen DDR. Der älteste Ü-Wagen darunter ist ein Phänomen Granit von 1954, der jüngste der „Ü 23“ des Rundfunks Berlin-Brandenburg aus dem Jahr 1994.

 

Fernmeldenotdienst

In der Sammlung gibt es 20 Fahrzeuge der „grauen Post“ aus den 1950er bis 1980er Jahren. Aus dem Fernmeldenotdienst stammen mobile Stromerzeuger oder Verstärkerwagen. Fahrbare Richtfunk-Masten und Vermittlungsstellen sollten im Kriegs- und Katastrophenfall die Infrastruktur aufrecht erhalten.

 

Kunstsammlung

Die Kunstsammlung der MSPT geht auf das Reichspostmuseum zurück, das die postgeschichtliche Sammlung durch Gemälde, Grafiken und andere bildliche Darstellungen ergänzte. Heute umfasst die Kunstsammlung 300 Gemälde vom 17. Jahrhundert bis zu aktuellen Positionen der Gegenwartskunst sowie 50 Skulpturen, Objekte und Multiples. Hierzu gehört auch das Nachtstück “Erste elektrische Straßenbeleuchtung in Berlin am Potsdamer Platz” von Carl Saltzmann und die Telefonschafe der Installation “TribuT von jean-Luc Cornec.

 

Verschlüsselungstechnik

Mit insgesamt rund 350 Geräten zur Verschlüssung handelt es sich um eine der weltweit größten Sammlungen. Darunter befindeng befinden sich neben mehreren Drei-Walzen-Enigmas und einer Vier-Walzen-Enigma auch eine Fernschreibschlüsselmaschine T 52 b („Sturgeon“). Mehr dazu gibt es auch in der Onlineausstellung bei Google Arts & Culture.

 

Telegrafie

Zwischen 1833 und 1844 entwickelte Samuel Morse den relativ einfach aufgebauten Morse-Telegrafen. Die Buchstaben wurden in einem Code aus Punkten und Strichen übermittelt, der beim Empfänger auf einem Papierstreifen aufgezeichnet wurde. Rund 250 Schreibtelegrafen zeigen die weitere Entwicklung von den Stift- oder Reliefschreibern über die verschiedenen Generationen von Farbschreibern bis hin zu den letzten Modellen der 1930er Jahre.

 

Bis hoffentlich bald!

Bis zum nächsten Jahr – hoffentlich können wir in 2021  gemeinsam den Internationalen Museumstag im Sammlungsdepot feiern!

 

Bild- und Videocredits:

MSPT u.a. Bert Bostelman, Joel Fischer, Sven Moschitz, Museumsreporterinnenteam 2019

Introtheme: CC-By Elk by Meydän

 

Tine Nowak, 17. Mai 2020

Vom Ordnen und Sammeln – Der ICOM-Tag im Sammlungsdepot in Heusenstamm

Vom Ordnen und Sammeln – Der ICOM-Tag im Sammlungsdepot in Heusenstamm

Seit inzwischen mehr als 15 Jahren feiert das Museum für Kommunikation Frankfurt den ICOM-Tag in der Sammlung in Heusenstamm. Wie ist das für die Abteilung Sammlung, dass der ICOM-Tag, der sich im Lauf der Jahre zum Tag der offenen Tür entwickelt hat, erstmals ausfällt? Die offenen Türen des Sammlungsdepots bieten insbesondere Sammler*innen und Fachleuten die seltene Möglichkeit, einen Einblick in den Variantenreichtum und verschaffen ihnen den Zugang zu den sonst nicht sichtbaren Objekten ihrer Forschungen und ihres Interesses.

Frank Gnegel, Leiter der Sammlung, schätzt es besonders, dass „viele Menschen, die uns etwas schenken, das ihren Großeltern gehört hat, die Objekte hier in Heusenstamm sehen können.“ Denn nicht alle Gaben von großzügigen Schenker*innen haben die Möglichkeit eine Bühne im Museum zu bekommen. Auch wenn es die Besucher*innen oft gar nicht so wahrnehmen, in der Sammlung sind die Objekte nicht didaktisch aufbereitet. Sie sind sorgfältig verwahrt, aber nicht inszeniert und ihre Präsentation folgt keinem kuratorischen Konzept. Es handelt sich um eine Schausammlung. Ein Gespräch zwischen Frank Gnegel und Corinna Engel, Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit des Museums für Kommunikation Frankfurt, über Sammeln in Zeiten von Corona. 

Corinna Engel: Wie arbeitet die Sammlung in Corona-Zeiten? Gibt es neue Schwerpunkte oder Konzepte?

Frank Gnegel: Mit seinen 15.000 Quadratmetern ist das Sammlungsdepot in Heusenstamm der größte Magazinstandort der Museumsstiftung. Die wenigen Mitarbeiter*innen verlieren sich zwischen den Exponaten, sie können die Abstandsregeln gut einhalten. Da wir viel dokumentierend und forschend tätig sind, können wir gut allein arbeiten: Fotograf*in, Dokumentar*in, Registrar*in und Wissenschaftler*in reichen die Objekt zwischen sich weiter, persönliche Kontakte können sie meiden.

Rückblick auf den ICOM-Tag 2019

CE: Hat sich das Sammeln in den letzten Wochen verändert?

FG: Wir merken, dass die Menschen aufräumen und uns werden sehr viele Objekte angeboten. Was uns auch auffällt, ist, dass die Leute nun viel Zeit haben. Diejenigen, die sich hobbymäßig oder in der nachberuflichen Phase mit Kommunikations-Themen beschäftigen, stellen vermehrt Anfragen: Radiosammler*innen oder Tech-Enthusiast*innen wollen ihre Interessenschwerpunkte vertiefen und wenden sich an uns.

CE: Insbesondere Stadtmuseen rufen die Bevölkerung auf, Objekte mit Geschichten einzusenden, die die Pandemie dokumentieren, ist so etwas auch von der Sammlung. geplant? Im Sinne einer Dokumentation der Mediennutzung durch Corona?

FG: Noch gibt es zwar keinen Ort auf unserer Webseite, wo die interessierte Öffentlichkeit Geschichten einreichen kann, aber wir arbeiten daran. Im Unterschied zu Stadtmuseen, die die persönliche Situation der Bewohner*innen einer Stadt in Verbindung mit einem besonderen Objekt sammeln wollen, geht es uns um den Bezug zur Kommunikation und damit auch zur Kommunikationstechnik bzw. dem Kommunikationsmittel, also Objekten, die physisch vorhanden sind. Zur Kategorie der Objekte, mit denen Personen kommunizieren gehören beispielsweise „Corona Shake-Hands“. Das ist ein physisch dreidimensionales Objekt, um Händeschütteln zu imitieren und so die Freundlichkeit trotz der Einhaltung physischer Distanz ermöglicht.

Wir sammeln auch aktiv digitale Objekte, die in der Corona-Zeit wichtig geworden sind. Das sind zum Beispiel Tracking-Devices, smarte Objekte, die Daten sammeln, wie Fieberthermometer, die anonymisiert Daten aus aller Welt an eine zentrale Stelle senden und nach Auswertung der Daten werden diese dann zur Vorausschau und Planung eingesetzt. Oder Objekte, die demjenigen, der sie verwendet, dem User, individuelle Gesundheitsvoraussagen erlauben. Es gibt eine Vielzahl smarter Geräte, die wie Fitnessarmbänder funktionieren. Wir haben einen Ring erworben, den man am Finger trägt und der permanent die Temperatur misst und ein Profil entwickelt. Auch haben wir ein Unternehmen recherchiert, das einen Fertilitäts-Tracker umgewidmet hat und als Voraussageinstrument einsetzt. 

Eine weitere Sorte von Objekten, die wir sozusagen als Reflex auf Corona sammeln, sind solche, die die Ausbreitung verhindern: Dazu gehören ein smartes Armband, das durch Brummen daran erinnert, dass sich die oder der Träger*in ins Gesicht fasst oder auch ein Abstandswarner in der Art eines Namensschildes, das an die Kleidung geheftet ein Signal ertönen lässt, wenn sich ein Hindernis dichter als 1,50 Meter nähert. Eine weitere höchst spannende Kategorie sind Objekte aus Hongkong und Bahrain, mit denen die Behörden die Bevölkerung ausstatten, um die Pandemie einzudämmen und zu kontrollieren. Wir würden sie als Überwachungstools bezeichnen.

CE: Das Thema des ICOM-Tages ist Inklusion, was haben die Besucher*innen verpasst und wird es einen Nachholtermin geben?

FG: Wir haben schon immer Objekte gesammelt, in denen es um Inklusion ging. Für Menschen mit Einschränkungen wurden in der Kommunikationsgeschichte seit jeher Angebote entwickelt, die ihnen Kommunikation ermöglichen oder sie vereinfachen. In unserer Sammlung haben wir Gehörlosen-Telefone, Schreibmaschinen für Braille-Schrift oder auch die barrierefreie Telefonzelle, die meine Kollegin Lioba Nägele hier im Blog vorgestellt hat. Ob wir den ICOM-Tag als Tag der offenen Tür nachholen, steht noch nicht fest. Doch wir haben ein schönes Digitalangebot für alle Heusenstamm-Aficionados entwickelt: Ab Sonntag wird es möglich sein, mittels eines Audiowalks digital durch die Sammlung zu wandern. Wir freuen uns auf diese digitale Variante des ICOM-Tages.

Interview: Corinna Engel, 16. Mai 2020