Die Requisiten sind oft einfach und alltäglich. Die Wirkung groß und effektvoll. So finden sich in den vergangenen Wochen in den sozialen Medien eine ganze Reihe von Bildern, die in der häuslichen Quarantäne entstanden sind und auf denen Kunstwerke nachgestellt wurden. Oft werden Props aus der Quarantäne, also etwa Klopapier, dabei als Requisite verwendet. Während die Museen geschlossen haben, öffnen die Kunst-Begeisterten ihre Wohnzimmer und Küchen und lassen diese zu einem kreativen Ort werden. Auf dem Instagram-Account von Tussen Kunst & Quarantaine (zwischen Kunst und Quarantäne) sind viele dieser Bilder versammelt 
Zum #DepotDienstag greifen die Kolleg*innen aus der Sammlung dieses Internet-Phänomen auf und zeigen sich ebenfalls erfinderisch. Solange auch das Museumsdepot für öffentliche Führungen geschlossen bleibt und die Kunstsammlung nicht der Öffentlichkeit präsentiert werden kann, geben wir auf diesem Wege kleine Einblicke. Wir haben drei Motive aus unserer Kunstsammlung nachgestellt.

Kunst und Quarantäne

Hier stellen wir das Gemälde “Geldbriefträger” des Malers Herrmann Franz Leonhard Karow (1840 – 1899) nach. Entstanden ist es 1895 in Königsberg/Ostpreußen und zeigt eine Szene, bei der eine junge Frau den Briefträger der Kaiserlichen Reichspost an der geöffneten Tür trifft und er ihr einen Brief überreicht. In der Umsetzung haben wir ein paar Änderungen eingebaut, beispielsweise trägt der Postmann eine andere Uniform. Erkennt Ihr den Unterschied?
Auf diesem Bild wird „La Lettera“ von Wainer Vaccari inszeniert. Der 1949 in Modena geborene Wainer Vaccari begann als Autodidakt mit der Malerei, die von Picabia und Marcel Duchamp angeregt wurde. 1975 veränderte sich seine Malerei zum Figurativen, angeregt durch die Arbeiten der „Neuen Sachlichkeit“ und der „Pittura Metafisica“. Aber auch in der Bildwelt des Surrealismus fand er Anregungsmaterial für seine eigene Bildsprache.
Hier wird das Gemälde “Die frohe Nachricht” von Josef Rudolf Witzel (1867 – 1924) nachgestellt. Der in Frankfurt geborene Witzel war Schüler am Städelschen Kunstinstitut bei Eduard von Steinle und Kaspar Ritter. Ab 1890 war er als Maler, Zeichner und Grafiker in München tätig. Witzel entwickelte sich zu einem der bekanntesten Vertreter des deutschen Jugendstils. Bekannt ist vor allem sein Plakat für die Münchner Illustrierte Wochenschrift „Jugend“, die der ganzen Stilrichtung ihren Namen gab. Er fertigte auch zahlreiche Plakate für “Deutsche Kunst und Dekoration”.

Woher kommt das Phänomen Kunst-Selfies?

Die Idee, Kunstwerke selbst nachzustellen, ist nicht neu. Ab dem späten 18. Jahrhundert entwickelte sich unter dem Titel „Tableau vivant“ (lebendes Bild) ein Spiel als Zeitvertrieb. Dabei wurden prominente Gemälde oder Statuen nachgestellt. Und auch schon vor der Corona-Pandemie haben weltweit Kunst-Begeisterte ihre Lieblingsbilder selbst inszeniert. In der häuslichen Quarantäne tauchen als Requisite jedoch besonders oft Klopapier, Mehl oder Nudeln auf. Einen Überblick über die Entstehung und Ausprägung dieses Phänomens in der gegenwärtigen Kunstrezeption haben unserer Kolleg*innen von mus.er.me.ku auf ihrem Blog zusammengetragen.

Kunstsammlung der Museumsstiftung für Post- und Telekommunikation

 

Die Kunstsammlung geht auf das Reichspostmuseum zurück, das die postgeschichtliche Sammlung durch Gemälde, Grafiken und andere bildliche Darstellungen ergänzte. Heute umfasst die Kunstsammlung 300 Gemälde vom 17. Jahrhundert bis hin zu aktuellen Positionen der Gegenwartskunst sowie 50 Skulpturen, Objekte und Multiples. 5.000 Plakate dokumentieren die gesamte Plakatwerbung der Post und ihrer Nachfolger. Auf 30.000 grafischen Blättern finden sich Illustrationen aus der Post- und Telekommunikationsgeschichte sowie künstlerische Grafik des 20. und 21. Jahrhunderts zum Thema Kommunikation.

 

Online-Datenbank Link: http://emp-web-09.zetcom.ch/eMP/eMuseumPlus Idee und Umsetzung: Julia Hammerschmied, Matthias Lieb und Anne-Marie Bernhard Text: Anne-Marie Bernhard