Was eignet sich besser, um an den morgigen Tag der Arbeit zu erinnern als mit dem Thema „Arbeit und Digitalisierung“ einen weiteren Aspekt unserer neuen Ausstellung #neuland und drei begleitende Buchtitel unserer Museumsbibliothek vorzustellen? Im besten Fall regt uns Literatur in Zeiten sozialer Einsamkeit, Prekariat und Arbeitsplatzverlust durch Corona zum Nachdenken an: über die Bedeutung von Arbeit in unserer Gesellschaft und für uns selbst. Aber auch über unseren Grad an Digitalisierung mit all seinen Grenzen und Möglichkeiten.

Die Produktivkraft der digitalisierten Massen

Wie kann eine an Marx orientierte Analyse den aktuellen technologischen Wandel erklären? Das Buch: „Marx und die Roboter“, herausgegeben von Sabine Nuss und Florian Butollo, stellt entlang Marx‘ Vorhersage zur Vollautomatisierung aus der Mitte des 19. Jahrhunderts Entwicklungen in der digitalisierten Arbeitswelt dar. Der Begriff der Produktivkraft bildet den Ausgangspunkt und sozialhistorischen Kontext, in den hier die Digitalisierung gestellt wird und analysiert aktuelle Veränderungen unserer Arbeitsweise. Dabei verbleibt die Kritik nicht in der soziotechnischen Dystopie des vom Roboter ersetzten Menschen, sondern zeigt auf, dass neue Technologien das menschliche Arbeitsvermögen noch stärker beanspruchen und deshalb eine aufwendige Neugestaltung der Arbeitsorganisation erfordern. Künstliche Intelligenz und die teils wundersamen Erwartungen, die Marktprognosen an sie stellen, werden hier aber nicht als Lösung dieser Neugestaltung gesehen, sondern als in ihrem gesellschaftlichen Nutzen eher beschränkt, sofern Wirtschaftsplanung im digitalen Zeitalter nicht nachhaltig und demokratisch gedacht wird. Die Digitalisierung als Gesicht des Gegenwartskapitalismus, reflektiert in differenzierten Aufsätzen von 16 Autor*innen als ein wichtiger Beitrag zur aktuellen Debatte.

Nuss / Butollo (Hg): Marx und die Roboter. Vernetzte Produktion, Künstliche Intelligenz und lebendige Arbeit.  Berlin : Dietz Verlag. ISBN: 978-3-320-02362-

Die Gestaltbarkeit von Arbeit

Auch wenn mit seinem Erscheinungsjahr 2010 das erwähnte Morgen eigentlich unser Heute ist, ist die Frage: „Wie wollen wir leben und arbeiten?“ des Buches „Die Arbeitswelt von morgen“ nicht weniger aktuell als vor zehn Jahren. Der Sammelband, herausgegeben von Karin Kaudelka und Gerhard Kilger, beinhaltet Positionen aus sechs Talkrunden des interdisziplinären Symposiums „Constructing the future of work – wie wollen wir leben und arbeiten?“ der DASA. Als existentieller Teil unseres Lebens kreist das Thema Arbeit immer um die Frage von Freiheit und Notwendigkeit:

Ob die Entgrenzung zwischen Arbeit und Leben eine gelungene work life balance oder eine ungesunde Vermischung zweier wichtiger Bereiche menschlicher Lebenswelt ist, kann sehr verschieden beantwortet werden, aber nur von jenen, die überhaupt die Wahl haben, mobile und flexible Arbeit nutzen zu dürfen und über die technischen Voraussetzungen dafür verfügen. Ob man ungerechter Bezahlung mehr entgegen setzen kann als Frustration und Jobwechsel, hängt wesentlich mit der persönlichen sozialen Situation zusammen. Und „life long learning“ ist zuweilen einseitige Forderung statt Förderung. 

Die Beiträge des Buches behandeln Themen der Arbeitsmarktpolitik und Personalentwicklung, Grundeinkommen und soziale Ungleichheit, beleuchten sozialpsychologische Aspekte und entwerfen Visionen vom zukünftigen Arbeiten. Ihnen gemeinsam ist die Suche nach Antworten auf die Frage nach der Gestaltbarkeit von Arbeit.

Kaudelka / Kilger (Hg.): Die Arbeitswelt von morgen. Wie wollen wir leben und arbeiten?.  Bielefeld : transcript Verlag, ISBN: 978-3-8376-1423-7

Nachhaltig und ohne Angst

Gestaltungsfelder des digitalen Wandels beschreibt auch das Buch „Die Zukunft ist menschlich“ von Andera Gadeib. Wie der Titel vermuten lässt, ist das Thema Arbeit hier als eines von mehreren Themen eingebettet in eine ganzheitliche Betrachtung: Die Autorin liefert ein starkes Plädoyer, den Menschen als Subjekt in den Mittelpunkt zu stellen – auch in Zeiten des technologischen Fortschritts und umfassenden digitalen Wandels. Das Buch möchte damit eine positive Gegenthese setzen zu angstvollen Mediendebatten angesichts Künstlicher Intelligenz und der Veränderungen in der digitalen Arbeitswelt. Es richtet sich mit Beispielen aus der digitalen und analogen Welt sowohl an Menschen, die ihre allerersten Schritte im Bereich Social Media machen als auch an Arbeitgeber, die ihre Einstellung zu einem lösungsorientierten Herangehen an die Digitalisierung verbessern möchten. Nachhaltig fit für die Zukunft durch das „Manifest für einen intelligenten Umgang mit dem digitalen Wandel in unserer Gesellschaft“.

Gadeib, Andera: Die Zukunft ist menschlich. Manifest für einen intelligenten Umgang mit dem digitalen Wandel in unserer Gesellschaft. Offenbach : GABAL Verlag, ISBN: 978-3-86936-930-3

 

Mehr zu unseren Beständen im Online-Katalog

Für mehr Literatur zu Themen der aktuellen Ausstellung könnt Ihr unter dem Stichwort „Leben & Lernen“ im Online-Katalog stöbern.

Wir hoffen, Euch bald wieder im Museum und in der Bibliothek zu sehen. Bleibt gesund!

 

Autorin: Sandy Lang, 30. April 2020