Auch wenn derzeit nicht absehbar ist, wann das Depot wieder für Besucher*innen geöffnet sein wird und wir wieder Führungen anbieten können, ist es diese Woche Zeit für einen kleinen Frühjahrsputz. Mit dem nötigen Abstand zwischen den Kolleg*innen widmen wir uns den Fahrzeugen und befreien diese vom leider immer fallenden Staub. Immerhin warten rund 175 Kutschen, Schlitten, Busse, Lastkraftwagen, Transporter, Personenwagen, Roller und Motorräder der Post, des Fernmeldedienstes oder der Rundfunk- und Fernsehübertragung darauf, aus dem Winterschlaf erweckt zu werden. Bei der Menge an Sammlungsstücken fällt es den Restauratorinnen und ihren Helfer*innenn nicht schwer, sich in der Halle zu verteilen.

Fahrzeugsammlung

Die Post ist seit jeher eng mit dem Verkehrs- und Transportwesen verknüpft, denn ohne Transportmittel keine Postbeförderung. Die Sammlung von Verkehrsmitteln ist daher auch eine der ältesten Teilsammlungen der Stiftung. Sie umfasst zahlreiche Originalfahrzeuge mit ihrem Zubehör, ergänzt durch extra gefertigte, detaillierte Modelle.

Gelbe Post

Zu den ältesten Fahrzeugen zählt ein so genannter Räderschlitten aus dem Jahre 1890. Hier konnten bei einsetzendem Schneefall die Räder abgenommen werden – die Postkutsche wurde in weniger als zehn Minuten zum Postschlitten. Die bis in das Jahr 1924 zurückreichende Sammlung an Elektrofahrzeugen der Post wird durch die neuesten Zugänge ergänzt: Zwei Streestscooter (Prototyp und Vorserienfahrzeug) wurden im Jahr 2018 für unsere Ausstellung zur Geschichte der Elektromobilität gestiftet. Natürlich sind auch die gelben Postbusse vertreten, einer sogar im regelmäßigen Einsatz. Denn neben der Beförderung von Brief-und Paketsendungen war die Personenbeförderung früher eine der wesentlichen Aufgaben der Post. Dies galt vor Erfindung der Eisenbahn für die Postkutschen wie auch später im Regionalverkehr für die Kraftpostbusse. Für den schnellen Transport von Sendungen und Telegrammen wurde auch gern auf zweirädrige Gefährte zurückgegriffen. Dazu zählen etwa Roller und Motorräder, aber auch Fahrräder in den verschiedensten Ausführungen.

Graue Post

Aber nicht nur bei der Brief- und Paketbeförderung musste die Post mobil sein: Rund 20 Fahrzeuge gehörten zur so genannten “Grauen Post”, dem Fernmeldedienst. Sie kamen bei Bau und Unterhalt der Leitungen und Fernmeldeanlagen zum Einsatz. Ein besonderes Kapitel ist der Fernmeldenotdient: Fahrbare Richtfunkmasten und Vermittlungsstellen sollten im Kriegs- und Katastrophenfall die Infrastruktur aufrechterhalten. Nach der Wiedervereinigung kamen die Fahrzeuge des Fernmeldenotdienstes auch zur Deckung des Kommunikationsbedarfs zwischen Ost und West, zum Einsatz und halfen, die Lücken im Kommunikationsnetz der ehemaligen DDR so lange provisorisch zu schließen, bis eine neue Infrastruktur aufgebaut war. Viele Fahrzeuge des Notdienstes in unserer Sammlung haben ganz niedrige Kilometerstände und legten innerhalb von Jahrzehnten nur wenige Tausend Kilometer zurück. Heute kommen die Fahrzeuge des Disaster Recovery Management der privatisierten Telekom neben Katastrophenfällen vor allem dann zum Einsatz, wenn im Rahmen von Großveranstaltungen ein erhöhter Bedarf an Kommunikationsverbindungen besteht.

Blaue Post

Rund zehn Übertragungs- und Reportagewagen für Rundfunk und Fernsehen runden die Sammlung ab. Die Mehrzahl von ihnen gehörte zur so genannten „Blauen Post“ der ehemaligen DDR, wo die Post anders als in Westdeutschland auch die Technik in den Rundfunk- und Fernsehstudios bereitstellte und betrieb. Das älteste Fahrzeug stammt aus dem Jahre 1954, der neuste von 1994. Hier ist auch das zweitschwerste Exponat der Sammlung zu finden, ein DDR-Fernsehübertragungswagen auf Basis eines Mercedes Typ 2224 mit knapp 10 Meter Länge und 9 Tonnen Gewicht, ausgestattet mit westdeutscher Fernsehtechnik von Bosch. Die rollenden Studios sorgten dafür, dass Außenaufnahmen von besonders spannenden Orten live ins Wohnzimmer übertragen werden konnten.

 

Im Sammlungsdepot

Unter guten Depotbedingungen befinden sich all diese Fahrzeuge in der Sammlung in Heusenstamm. Dort werden sie konservatorisch betreut, um sie auch für nachfolgende Generationen zu bewahren. Bevor die Fahrzeuge ins Depot wandern, werden sie überholt und für eine längere Lagerung vorbereitet: Dazu zählt unter anderem das Ablassen der Flüssigkeiten (Öl, Treibstoff, Kühlflüssigkeit, Waschwasser etc.) und der Ausbau der Batterien. Geschlossene Depoträume sorgen dann für ein konstantes und für die Fahrzeuge günstiges Raumlklima. So sind die Objekte vor Korrosion geschützt. Auch Luftschadstoffe, Schädlinge und Pollen können so weit wie möglich abgehalten werden. Der anfallende Staub ist entsprechend gering und eine Reinigung wie diese ist daher nur im Abstand von einigen Jahren nötig.

Sammlungsbesuch (online)

Schon wegen ihrer Größe kann nur ein kleiner Teil dieser Fahrzeuge in den Dauerausstellungen der Museen für Kommunikation gezeigt werden. Daher bieten wir regelmäßig (derzeit leider ausgesetzte) Führungen an, bei denen fachkundige Kolleg*innen auch diesen Teil der Sammlung zugänglich machen. Unabhängig von der derzeitigen Schließung der Museen und Depots können viele der Fahrzeuge in unserer digitalen Datenbank angesehen und bewundert werden.

 

Tina Kubot/ Matthias Lieb, 21. April 2020